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Archiv-Artikel

„Wenn ihr dat macht, machen wir dat“

Finanzielle Absprachen zwischen Bergbaubetreibern und Kommunen haben den Konsens unter Sozialdemokraten ersetzt, sagt Klaus Tenfelde. Der Bochumer Historiker fordert mehr Transparenz in Genehmigungsverfahren

taz : Haben Vereinbarungen des Typs „Genehmigung gegen Geld“ zwischen Bergbaubetreibern und Bergbaustädten im Ruhrgebiet Tradition?

Klaus Tenfelde: Nein. Das ist erst aufgetreten, seit die Bevölkerung nicht mehr mehrheitlich hinter dem Bergbau steht. Im Beispiel Walsum hat sich das erstmals in der Geschichte des Ruhrgebiets öffentlich manifestiert.

Früher waren solche „Ausgleichszahlungen“ also nicht nötig?

Ich glaube nicht. Man war da solidarisch in der Zeit der ungebrochenen sozialdemokratischen Dominanz – das waren ja auch im Bergbau und den Kommunen identische Persönlichkeiten. Es galt informell die Form: Wenn ihr dat macht, machen wir dat. Das war in diesem Ruhrgebiets-Milieu üblich. Ich glaube nicht, dass es eine Tradition des Sponsoring gegeben hat – denn die Herkunft von Mitteln in öffentlichen Haushalten muss ja auch nachgewiesen werden.

Galt denn nicht: Krupp saniert den Stadtteil und baut die Wohnungen, darf dafür aber die Luft verpesten?

Probleme zwischen Umwelt und Siedlungsbau sind schon im 19. Jahrhundert gesetzlich geregelt worden. Schon die westfälische Ansiedlungsverordnung 1876 legte fest, das Unternehmen beim Anlegen von Siedlungen gleichzeitig für Infrastruktur zu sorgen hatten. Und Umwelt spielte damals schon eine größere Rolle als wir heute denken. Über verpestete Bäche und ähnliches ist früher schon aufrecht gestritten worden.

Ist es nun verwerflicher, wenn der Konflikt mit finanziellen Mitteln statt im solidarischen Konsens angegangen wird?

Nicht im Prinzip. Aber als Demokrat würde ich mir wünschen, dass es Öffentlichkeit findet. Wenn die RAG für die Zubilligung der Betriebsgenehmigung etwas für die Infrastruktur und das kulturelle Leben vor Ort tut, halte ich nicht für verwerflich. Verwerflich ist, wenn eine Bürgermeisterin einen Deal unter der Hand macht. Dann werden Tür und Tor geöffnet für eine parteiliche, fürsorgliche Sponsorenpolitik – und das kann wohl nicht unsere Absicht sein.INTERVIEW: KLAUS JANSEN