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Archiv-Artikel

Beschlossen ist beschlossen

BVV Steglitz-Zehlendorf bestätigt umstrittenen „Gedenkeintopf“ am 8. Mai. Grüne bezeichnen Bürgermeister Weber als „Türöffner für Rechtsextreme“ und fordern Rücktritt, SPD und PDS auch

VON JAN ROSENKRANZ

Es ist angerichtet. Aller Kritik zum Trotz soll in Steglitz-Zehlendorf am 8. Mai ein „Gedenkeintopf“ serviert werden. Das Bezirksparlament hat am Mittwochabend seinen zuletzt heftig kritisierten Beschluss (die taz berichtete) bestätigt. So soll der Bezirk in einer Veranstaltung zum 60. Jahrestag des Kriegsendes auch an „den Schrecken und das Leid der Bevölkerung“ erinnern, „den die Rote Armee von Ostpreußen bis nach Berlin zu verantworten hat“. Bei der Auflistung der Verbrechen anderer nimmt man es in Südberlin eben sehr genau.

Mit einer Relativierung deutscher Verbrechen habe das nichts zu tun, betonten die Redner von CDU und FDP. Beide Fraktionen lehnten darum einen rot-grünen Antrag auf Aufhebung des Beschlusses einstimmig ab. Der Abstimmung war eine mehr als dreistündige turbulente Debatte vorausgegangen, in der diverse Bundespräsidenten und Schriftsteller zitiert wurden. SPD-Fraktionschef Klaus Kugler etwa hatte vergeblich an CDU und FDP appelliert, „den Mut aufzubringen“, den Beschluss zu kippen.

Im Gegenteil. Bezirksbürgermeister Herbert Weber (CDU) verteidigte den Beschluss gegen die „Tugenddenker“, die „wie so häufig zur Moralkeule“ gegriffen hätten. „Was heißt denn ‚Ursache und Wirkung‘?“, fragte Weber. „Wir Deutschen haben den Krieg angefangen, darum müssen wir auch die Folgen tragen – egal wie schlimm sie sind?“ Mit diesem Kausalitätsprinzip habe er schon immer seine Probleme gehabt. Und nicht nur damit. Da der 8. Mai eine europäische Dimension habe, sei „eine ausschließliche Fokussierung auf zwölf Jahre Nazidiktatur eine sublime Form der Geschichtsfälschung“.

Den Grünen hat Weber damit zu viel zugemutet. Fraktionschefin Irmgard Franke-Dressler bezeichnete Weber in ihrer Rede als „Türöffner für Rechtsextreme“. Als solcher müsse Weber jetzt seinen Stuhl als Bezirksbürgermeister räumen – eine Forderung, die im Laufe des gestrigen Tages zunehmend an Popularität gewann: Der Grünen-Fraktionschef im Abgeordnetenhaus, Volker Ratzmann, fordert Webers Rücktritt ebenso wie der Landes- und Fraktionschef der SPD, Michael Müller, und sein PDS-Kollege Stefan Liebich. Alle zusammen verlangten von der Landes-CDU, dass sie sich von den Bezirksbeschlüssen distanziere.

Bei den Christdemokraten sieht man das naturgemäß etwas anders. Webers Rede war eine „nicht zu überhörende Absage an rechtsradikale Geschichtsfälschung und Propaganda“, so CDU-Landeschef Joachim Zeller. Sie sei ebenso eine Absage „an eine vordergründige Stimmungsmache“. Ungeachtet davon bekräftigt die Jüdische Gemeinde ihre Kritik. Ihr Vorsitzender Albert Meyer sagte, er wolle nicht unterstellen, dass hinter der Entscheidung Methode stecke. „Ich hoffe, das ist Dummheit.“

Bleibt zum Schluss ein echter Treppenwitz: Bürgermeister Weber sagte nach dem Ende der BVV-Sitzung, er stelle sich für den 8. Mai etwas „Griffiges“ vor. Eine Gedenkfeier wie von der BVV gefordert werde es jedenfalls definitiv nicht geben.