: Waffen zum Abendessen
Offiziell stehen China und das Waffenembargo nicht auf der Tagesordnung der Bush-EU-Gespräche. Daher wird beim Essen darüber geredet. So wie bei brisanten Themen üblich
BRÜSSEL taz ■ China steht nicht auf der offiziellen Tagesordnung des Besuchs von US-Präsident Bush bei der EU. Aber das Thema „Aufhebung des Waffenembargos“ wird wohl, so ein hoher EU-Diplomat, beim Abendessen zwischen EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso, Ratspräsident Jean-Claude Juncker, EU-Chefdiplomat Javier Solana und Bush diskutiert werden. „Beim Abendessen gibt es keine festgelegte Tagesordnung, was heißt, dass man dann über die brisanten Dinge sprechen kann.“
Brisant ist das Thema China auf alle Fälle. Denn während die EU-Staaten alles tun, um dem hohen Gast zu gefallen, gibt es bei der Aufhebung des Waffenembargos nach wie vor große Meinungsunterschiede. „Wenn Peking in den Genuss militärischer Hochtechnologie kommt, verändert sich die Machtbalance in Ostasien“, heißt es aus dem Weißen Haus. Die Amerikaner befürchten, dass China an Waffen gelangt, die bei einem Konflikt gegen den US-Verbündeten Taiwan eingesetzt werden könnten. Zudem habe sich die Situation bei den Menschenrechten immer noch nicht verbessert. Anfang des Monats verabschiedete das US-Repräsentantenhaus mit 411 zu 3 Stimmen eine Resolution, in der Bush aufgefordert wird, die EU zu drängen, ihre Entscheidung zu überdenken.
Die EU, allen voran Deutschland und Frankreich, wollen das Embargo so schnell wie möglich aufheben. Bundeskanzler Schröder rechnet mit einer Entscheidung spätestens beim EU-Gipfel im Juni. Die 25 Staats- und Regierungschefs hatten schon im vergangenen Dezember ihren „politischen Willen“ bekundet, „auf eine Aufhebung des Waffenembargos hinzuarbeiten“. Für Deutschland wäre dies vor allem ein symbolischer Akt. Niemand denke daran, tatsächlich sofort Waffen zu liefern, hatte der Kanzler kürzlich erklärt.
Die Bundesregierung verspricht sich von dem symbolischen Akt auch eine Unterstützung Chinas für einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat. Beides waren Themen bei der letzen China-Reise des Kanzlers. Außerdem soll der allgemeine Handel mit dem Giganten aus Asien verstärkt werden. Schröder wünscht sich eine Verdopplung bis 2010. Dennoch wird es bei China nicht zum großen Konflikt zwischen den USA und der EU kommen. So zeigte US-Außenministerin Condoleezza Rice sich bei ihrem Besuch vergangene Woche in Brüssel versöhnlich: „Wir sind weiter in offenen Beratungen darüber, wie wir mit der Aussicht auf eine Aufhebung des EU-Waffenembargos gegen China umgehen werden.“
Auch das europäische Parlament hatte sich Mitte Januar mit großer Mehrheit gegen die Aufhebung des Embargos ausgesprochen. Das EP ist der Auffassung, dass „dieses Embargo so lange aufrechterhalten bleiben sollte, bis China konkrete Schritte zur Verbesserung der Menschenrechtslage in diesem Land unternommen hat“, heißt es in einer Resolution.
Gegen all diese Bedenken führen die Befürworter immer wieder den europäischen Verhaltenskodex für Waffenlieferungen an, der zurzeit überarbeitet wird. Er verbiete in jedem Fall den Verkauf von Waffen an Länder, in denen Menschenrechte verletzt werden. Welche Regelungen außerdem verschärft werden, ist aber noch nicht bekannt.
RUTH REICHSTEIN