Souverän korrigiert

Senat änderte Dinges-Dierigs 5. Schulgesetznovelle und fügte Passus zu Anmeldeverbünden ein. Kammern und Deputation wurden übergangen

Thomas John: „Es ist das souveräne Recht des Senats, Änderungen vorzunehmen“

Von Kaija Kutter

Die SPD-Abgeordnete Luisa Fiedler macht keinen Hehl daraus, dass sie die zum neuen Schuljahr vorgesehenen 58 „Anmeldeverbünde“ für die 230 Hamburger Grundschulen ganz falsch findet. Seit Bekanntwerden dieses Plans von Bildungssenatorin Alexandra Dinges-Dierig (parteilos) ließ sie ein Feuerwerk von kleinen Anfragen auf die Bildungsbehörde niederprasseln. In einem Punkt immerhin hat dies nun zur gravierenden Korrektur der fünften Schulgesetznovelle durch den Senat geführt.

Die Novelle, die auch das Rauchverbot an Schulen und die Gebühr für Schulbücher einführt, liegt derzeit der Bürgerschaft zur Abstimmung vor. Doch nach Lektüre der Senatsmitteilung wird deutlich, dass auch Paragraph 42 geändert wird, vom dem bis dato im Zusammenhang mit der 5. Novelle nie die Rede war. Dieser Paragraph besagt bisher, dass Kinder an ihrer örtlichen Bezirksgrundschule eingeschult werden, Eltern sie aber auch „auf Antrag“ an anderen Schulen anmelden dürfen. In der neuen Fassung des Senats ist dieses Recht entscheidend geändert. So sollen Kinder „nach Möglichkeit“ an der Anmeldeschule der Wahl der Eltern aufgenommen werden, diese müssen aber zugleich für den Fall „erschöpfter Kapazitäten“ einen Zweit- und Drittwunsch nennen. Wer extra in die Nähe einer Schule zieht, kann also keinesfalls gewiss sein, dass seine Kinder auch dort unterkommen.

Dass dieses Verfahren genau so beabsichtigt ist, hatte Behördensprecher Alexander Luckow bereits am 10. Januar verkündet und dabei mit dem Zusatz, „wie bisher“ sollten Zweit- und Drittpräferenzen angegeben werden, den Eindruck erweckt, dass dies bereits üblich sei. Fiedler hatte die Rechtmäßigkeit dieser Neuregelung in zwei kleinen Anfragen hinterfragt – und bekam keine zufriedenstellende Antwort.

Brisant ist nun, dass die Deputation, sprich das oberste Entscheidungsgremium der Bildungsbehörde, hier übergangen wurde. Dem Gremium lag bei seiner Abstimmung über die Novelle am 26. Januar eine andere Fassung vor. „Es ist schon sonderbar, wenn sich bestätigt, dass der Senat der Bürgerschaft einen Gesetzentwurf zuleitet, den die Schulbehörde so nicht beschlossen hat“, erklärte Fiedler gestern, als sie zu dem Thema wiederum eine kleine Anfrage stellte. Denn das „Gesetz über die Verwaltungsbehörden“ schreibt in Paragraph 9 eine Beteiligung der Deputierten an Entscheidungen von „grundsätzlicher Bedeutung“ vor.

Und dass Gesetze dazu zählen, steht bisher außer Frage. Erst vor wenigen Tagen hatten die Deputierten Edgar Mebus (GAL) und Dietrich Lemke (SPD) den Bürgermeister angerufen und beklagt, dass sie nicht mehr an der Verabschiedung von „Richtlinien“ beteiligt werden sollen, was in Hamburg seit der Nachkriegszeit üblich war. Dinges-Dierigs Sprecher Thomas John hatte daraufhin gegenüber NDR 90,3 erklärt, nach Geschäftsordnung der Deputation müssten nur der Haushalt und Gesetze dort abgesegnet werden.

Doch der Einfluss dieses ehrenamtlichen Gremiums, das nach der Hamburger Verfassung die Mitwirkung von Bürgern an der Verwaltung ermöglichen soll, scheint täglich zu schrumpfen. „Der Senat“, so erklärte John gestern der taz, habe die Änderung des Paragraphen 42 vorgenommen, um das Verfahren der Anmeldeverbünde „gesetzlich zu präzisieren“. Dies auch nach der Deputation noch zu tun, sei sein „souveränes Recht“.

Unterdessen hat der Elternkammer-Vorsitzende Holger Gisch scharfe Kritik an der Info-Broschüre „Den richtigen Weg wählen“ für die Eltern künftiger Fünftklässler geübt. Dort heißt es von einer Reihe von Schulen, für die im Schulentwicklungsplan strukturelle Maßnahmen vorgesehen sind, es würden „keine fünften Klassen eingerichtet“. Für Gisch ist dies ein „massiver Eingriff“ in ein schwebendes Verfahren. Tatsächlich werde über diese Klassen erst aufgrund der Anmeldezahlen im Juni durch die Deputation entschieden. Oder auch nicht.