: Schwaben müssen zahlen
SPD und PDS sind sich einig: Studierende aus Gebührenländern sollen auch in Berlin zahlen. Nur eine Umlage der Studienplatzkosten kann sie retten. Auch über Konten denkt die PDS wieder nach
VON ANNA LEHMANN
Die rot-roten Gebührengegner machen Druck: Hochschüler Nicht-Berliner-Herkunft (NBH) sollen für die Politik ihrer Länder zahlen. Wissenschaftssenator Thomas Flierl (PDS) verkündete gestern, dass sich seine Fraktion darauf geeinigt habe, im Notfall Hörgeld von Bildungsimmigranten aus Bundesländern, in denen Studiengebühren erhoben werden, zu kassieren. Selbst das Wort „Studienkonten“ tauchte in dem PDS-Strategiepapier auf. „Wir kämpfen für eine studiengebührenfreie Zone und ergeben uns nicht fatalistisch der Gebührenoffensive der Unionsländer“, schmetterte Flierl diesen entgegen.
Der große Koalitionspartner SPD stößt ins gleiche Horn: „Der Bayer muss zahlen“, sagte SPD-Wissenschaftssprecher Bert Flemming. Schließlich könne man den Berlinern schlecht erklären, warum die eigenen Landeskinder in Bayern Gebühren zahlen müssten, während sich bayerische Kommilitonen hier kostenlos einschreiben dürften.
Die Wissenschaftsexpertin der CDU, Monika Grütters, bringt die rot-rote Offensive auf die Barrikaden: „Grotesk. So lässt sich kein Student behandeln.“ PDS und SPD wirft sie vor, sich bei den hiesigen Studenten anbiedern zu wollen.
Flierl fürchtet um die Qualität der Lehre, wenn ab 2007 Scharen von Studenten in Gebührenoasen wandern: „Hier sind dann die Massenunis, während die Gebührenländer Elitehochschulen haben werden.“
Die Strafgebühr wird von den Koalitionspartnern allerdings als letztes Mittel ins Feld geführt. SPD und PDS wollen damit eine Umlage auf Länderebene erwirken, angelehnt an das Modell des rheinland-pfälzischen Wissenschaftministers Jürgen Zöllner (SPD). Danach trägt das Herkunftsland der Studierenden die Kosten für die Ausbildung – pro Student etwa 5.900 Euro im Jahr. Flierl hat fix überschlagen, dass damit jährlich etwa 200 Millionen Euro in die Kassen der Berliner Hochschulen fließen könnten. Die Kultusminister erörtern den Umlagevorschlag auf ihrer Konferenz am 10. März.
Flemming, der die SPD-Länder koordiniert, rechnet mit einer Koalition, die bis ins schwarz-rote Sachsen reichen könnte. In dieser Gebührenschutzzone will die SPD ihr Kontenmodell installieren, wonach Studierenden ein Punkteguthaben zur Verfügung steht. Bei Überziehung werden Langzeitgebühren fällig.
Flierl ist gleichfalls ein Freund von Studienkonten. Er war mit seinem Vorschlag auf dem Landesparteitag im April letzten Jahres allerdings gescheitert. Nun ist er wieder in den PDS-Entwurf eingeflossen, allerdings in entschärfter Form, ohne Langzeitstudiengebühr. Mitautor Benjamin Hoff, hochschulpolitischer Sprecher der PDS und Flierls Antipode im Kontenstreit, bestreitet, dass die Idee damit über die Hintertür wieder aufs Tapet gebracht werde. „Es gibt einen Parteitagsbeschluss, und der gilt. Wenn die SPD Studienkonten einführen will, sind wir raus“, sagt Hoff. Der Wissenschaftssenator sieht das nicht so dogmatisch: Für ihn seien Konten nie vom Tisch gewesen.