Kammer kontra Umweltzone

LUFTVERSCHMUTZUNG Wirtschaftsvertretung schlägt Anreizsystem nach dem Vorbild der Umweltpartnerschaft vor. Umweltschützer sehen Störmanöver. EU zwingt zu handeln

Der Senat ist gezwungen, etwas zu tun, weil die EU 2010 niedrigere Grenzwerte vorschreibt

VON GERNOT KNÖDLER

Handelskammer und CDU Wirtschaftsrat versuchen, die Umweltzone zu verhindern, in der nur schadstoffarme Autos fahren dürfen. Handelskammer-Präses Frank Horch schlug stattdessen eine „Partnerschaft für Luftqualität und schadstoffarme Mobilität“ vor – ein System auf der Basis von Freiwilligkeit nach dem Muster der Umweltpartnerschaft. Die Umweltverbände NABU und BUND betonten, eine Umweltzone sei wegen der Luftbelastung nötig. Die Kammer argumentiere unseriös.

Der Senat ist gezwungen, etwas gegen die Luftverschmutzung zu tun, weil die EU ab dem 1. Januar 2010 niedrigere Grenzwerte für Stickoxide vorschreibt. Auch die Handelskammer räumt ein, dass es „punktuell Probleme gebe“, diese Vorgaben einzuhalten. Beim Feinstaub hat Hamburg wiederholt bereits gültige Vorschriften übertreten.

Bei der vom Senat seit einigen Jahren angebotenen Umweltpartnerschaft können sich Unternehmen freiwillig höhere Umweltstandards setzen als vorgeschrieben. Im Gegenzug gewährt ihnen der Senat ökonomische und andere Vorteile. Sie dürfen mit ihrer Teilnahme werben; sie erhalten leichter Genehmigungen und ermäßigte Gebühren.

Mit der jetzt vorgeschlagenen Partnerschaft für Luftqualität werde sich die Wirtschaft für emissionsfreie Antriebe im Straßenverkehr und eine Stärkung von Bus und Bahn einsetzen, versprach Horch. Hamburg sei ja schon Wasserstoff-Metropole, Modellregion für Elektromobilität und eine Hochburg des öffentlichen Nahverkehrs. Damit trage die Wirtschaft zunehmend zur Luftreinhaltung bei. „Eine Umweltzone leistet dies nicht“, behauptete Horch.

Die Handelskammer hält es für zweifelhaft, ob eine Umweltzone die Luftqualität in Hamburg verbessern würde. Das legten die Erfahrungen mit einem Jahr Umweltzone in verschiedenen deutschen Städten nahe. Nachweisbar ließen Umweltzonen jedoch die Umsätze in den Innenstädten schrumpfen.

„Die üblichen Verdächtigen stellen sich mal wieder mit unbegründeter Panikmache umweltpolitischen Fortschritten in den Weg“, kommentierte der stellvertretende NABU-Vorsitzende Alexander Porschke. Dafür, dass der Einzelhandel leide, gebe es „keine belastbaren Hinweise“, argumentierte der BUND. Dabei sei die Umweltzone in mehr als 30 Städten eingeführt. In Mannheim und Karlsruhe bestätige der Einzelhandel, dass der Umsatz nicht eingebrochen sei.

Beim Thema Luftqualität argumentieren BUND und NABU mit dem Beispiel Berlin. 2008 ist dort 24 Prozent weniger Dieselruß in die Luft geblasen worden als 2007 und 14 Prozent weniger Stickoxide. Die Abnahme beim Dieselruß hat die Feinstaubmenge in Berlin insgesamt aber nur um drei Prozent gedrückt. Denn höchstens 20 Prozent des Feinstaubs kommen aus Dieselmotoren. Umweltsenatorin Katrin Lompscher (Linke) hatte bei der Vorstellung der Zahlen darauf hingewiesen, dass der Erfolg der Zone nach so kurzer Zeit nicht zu messen sei. Zudem habe das Wetter einen großen Einfluss darauf, ob die Schadstoffe in der Stadt hängen blieben.

Die Hamburger Stadtentwicklungsbehörde will die Ergebnisse eines Gutachtens abwarten, das ihr im Spätsommer vorliegen soll. Per Modellrechnung soll es ermitteln, wie eine Umweltzone den Eintrag von Stickoxiden und Feinstaub verschiedener Größen verändern würde. „Wir wollen eine Umweltzone, wenn sie die Luft spürbar verbessert“, sagte Behördensprecher Volker Dumann der taz. Wenn ein Mittel wirksam sei, dann nach den bisherigen Erkenntnissen die Umweltzone. Vielleicht gebe es aber auch Bessere.