press-schlag : Mayer-Vorfelder oder Die hohe Kunst der verdeckten Ermittlung
Warum der Fußballer René Rydlewicz bei Hansa Rostock tatsächlich vom Dienst suspendiert wurde
Der Kriminalfall um den mittlerweile hinlänglich bekannten Skandalschiedsrichter Robert Hoyzer dreht sich munter weiter – und er hat nun auch die Stadt Rostock erreicht sowie den dort beheimateten FC Hansa. Dort wurde schon unter der Woche der Spieler René Rydlewicz vom Dienst am Ball suspendiert, angeblich weil er vor einem Auswärtsspiel im Mai 2004 erst gegen sechs Uhr morgens wieder im Mannschaftshotel aufgetaucht sei. Dass ihn Hansa ausgerechnet jetzt, im tiefsten Abstiegskampf, dafür abstraft, ist natürlich barer Blödsinn, wie in Rostock längst die Möwen von den Dächern pfeifen. Nach ihren Berichten und denen der Ostseezeitung soll der 31-Jährige vielmehr in jenem Rotlichtskandal verwickelt sein, der Rostock seit einiger Zeit schon in Atem hält. Wie es heißt, soll Rydlewicz auf einem Video beim geschlechtlichen Vergnügen mit zwei Frauen zu sehen und dafür um 20.000 Euro erpresst worden sein.
Selbst dies ist nach taz-Recherchen nur die halbe Wahrheit. Die volle führt direkt zum „Fall Hoyzer“ – und zu Gerhard Mayer-Vorfelder, dem DFB-Halbpräsidenten. Hintergrund ist eine Äußerung Hoyzers, der unlängst behauptet hatte, es sei bis vor kurzem völlig normal gewesen, dass sich Schiedsrichter vor Fußballspielen von den Schiedsrichterbetreuern der Vereine in Bordelle hätten einladen lassen. Wie der zuletzt stark in die Kritik geratene „MV“ gegenüber der taz bestätigte, habe er daraufhin die restlose Aufklärung des Falls endlich selbst in die Hand nehmen wollen. Rydlewicz sollte ihm dabei als Undercover-Agent hilfreich sein und die hansestädtischen Bordelle nach Schiedsrichtern abklappern und gegebenenfalls melden. Warum MV ausgerechnet Rostock und den FC Hansa auswählte, begründete er gegenüber der taz so: „Durch die Rote Laterne, die Hansa trägt, leuchtet das Rotlicht dort derzeit am hellsten.“ Hinzu komme, dass bei Hansa schon wegen Vereinssprecher Axel Schulz die Erfolgsaussichten am größten gewesen seien. MV: „Dass Boxer eine ganz besondere Beziehung zum Milieu haben, weiß doch jeder.“ Selbst das Sexfilmchen mit Rydlewicz lässt sich laut Mayer-Vorfelder leicht erklären – und keinerlei Rückschlüsse zu, dass dieser bei seinem Einsatz etwa zu weit gegangen oder gar abtrünnig geworden sei, ganz im Gegenteil. „Ich wollte damit lediglich zeigen, wie hilfreich der Videobeweis sein kann“, so MV.
Dass seine Bemühungen nun aufgeflogen sind, trifft den DFB-Halbpräsidenten hart, schließlich wollte er den Feldversuch im Erfolgsfall auf alle Bundesligastädte ausweiten. Mayer-Vorfelder zur taz: „Irgendjemand hat kein Interesse, dass alles ans Tageslicht kommt, und hat uns verpfiffen. Ich will keine Namen nennen, aber es muss ein ganz schön falscher Fünfziger sein.“
FRANK KETTERER