: Irak: Schwerstes Attentat seit Kriegsende
Mindestens 110 Menschen sterben bei Selbstmordanschlag in der irakischen Stadt Hilla. Die meisten der Opfer wollten in den Staatsdienst eintreten. Ein möglicher Zusammenhang mit der Festnahme des Saddam-Halbbruders al-Hassan bleibt unklar
HILLA/BAGDAD ap/afp/taz ■ Ein Selbstmordattentäter hat am Montag im Irak mindestens 110 Menschen mit sich in den Tod gerissen und mehr als 130 weitere verletzt. Es war der schwerste Anschlag seit Kriegsende im Mai 2003. Der Täter fuhr mit seinem Wagen in eine Ansammlung von Polizeianwärtern in der Stadt Hilla und zündete eine Bombe. Die Opfer standen vor einem Krankenhaus an, wo sie sich einem Gesundheitstest vor dem Eintritt in den Staatsdienst unterziehen wollten.
Die Rettungskräfte in der rund 100 Kilometer südlich von Bagdad gelegenen Stadt waren mit der Versorgung der Opfer völlig überfordert, zunächst waren nur sechs Krankenwagen im Einsatz. Privatpersonen beteiligten sich an der Bergung der Verletzten und brachten sie mit ihren Wagen in die Kliniken. Es seien mehrere Personen festgenommen worden, teilte die Polizei der Provinz Babil mit. Nähere Informationen lagen zunächst nicht vor. Angehende Polizisten und Soldaten werden immer wieder Ziel von Anschlägen. Die Aufständischen werfen ihnen vor, mit den ausländischen Streitkräften zu kollaborieren.
Ein zweiter Anschlag ereignete sich an einem Kontrollposten der Polizei in Mussajjib. Dort kam nach Polizeiangaben mindestens ein Polizist ums Leben, mehrere weitere wurden verletzt. Mussajjib liegt 30 Kilometer nördlich von Hilla.
Der Anschlag in Hilla ereignete sich einen Tag nachdem die Festnahme von Sabawi Ibrahim al-Hassan, einem der meistgesuchten Iraker, bekannt wurde. Der ehemalige Geheimdienstchef und Halbbruder von Ex-Machthaber Saddam Hussein wird verdächtigt, Aufständische finanziert zu haben. Der Geheimdienstchef des irakischen Innenministeriums, Hussein Ali Kamel, teilte gestern in Bagdad mit, Hassan sei vor drei Tagen an der syrischen Grenze festgenommen worden. Er sei häufig zwischen dem Irak und Syrien gependelt. Auf die Frage, ob Syrien bei der Festnahme geholfen habe, antwortete Kamel, dies spiele keine Rolle. „Wichtig ist, dass wir ihn gefasst haben.“ Die Festnahme sei durch Patrouillen entlang der Grenze sowie durch Aussagen festgenommener Aufständischer möglich gewesen. Hassan besaß laut Kamel „enorme Geldsummen“ aus den Kassen der ehemaligen Baath-Partei, die er zur Finanzierung „terroristischer Aktionen“ nutzte.
Nach Angaben des nationalen Sicherheitsberaters Muaffak al-Rubai waren knapp 30 Einsatzkräfte an der Festnahme beteiligt. Rubai forderte Syrien zu einer besseren Zusammenarbeit auf: „So viele Kriminelle, die Anschläge im Irak verüben, sind in Syrien immer noch auf freiem Fuß“, sagte er. Er wünsche sich, dass Syrien besser bei der Auslieferung Verdächtiger kooperiere.
Bei verschiedenen Angriffen im so genannten sunnitischen Dreieck westlich und nördlich der Hauptstadt Bagdad kamen am Montag insgesamt fünf Iraker ums Leben, darunter drei Soldaten und ein Dolmetscher. Die US-Armee gab die Festnahme von insgesamt 211 Aufständischen seit Beginn des Einsatzes in der sunnitischen Unruheprovinz al-Anbar vor gut einer Woche bekannt.