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Archiv-Artikel

Wieder mal total verrechnet

KOSTENEXPLOSION Michael Freytags nächstes Finanzdesaster: Senat beschließt Prüfung seiner Umbauplanungen des Bergedorfer Bahnhofs durch den Rechnungshof

Bekannte Millionen-Kosten wurden in den Finanz-Plan nicht eingerechnet

VON MARCO CARINI

Das kommt teuer. Die Kosten für den Neubau des Zentralen Omnibusbahnhofs (ZOB) und die Umgestaltung des Bergedorfer Bahnhofsareals haben sich gegenüber den urspünglichen Planungen verdoppelt. Statt 20,8 Millionen wird das Bauprojekt über 40 Millionen Euro kosten.

Um die Finanzlücke zu schließen, bewilligte der Senat gestern zusätzliche 16,8 Millionen Euro plus einen „Risikozuschlag“ von 4,0 Millionen Euro. Die Bürgerschaft muss diesen Nachschuss noch absegnen, auch die Deutsche Bahn und der Investor Fundus müssen weitere 2,5 Millionen Euro drauflegen.

Außer neuen, zum Planungsbeginn nicht vorhersehbaren Umwelt- und Sicherheitsauflagen macht Stadtentwicklungssenatorin Anja Hajduk (GAL) vor allem „erhebliche Controlling-Defizite“ und „fehlerhafte Planungen“ für „die Kostensteigerung um 100 Prozent“ verantwortlich. Ohne Namen zu nennen, zeigt die Senatorin damit mit dem Finger auf ihre Amtsvorgänger Axel Gedaschko und Michael Freytag (beide CDU). Letzterer hatte das Projekt 2005 angeschoben und dabei offenbar schlicht vergessen, Millionenbeträge, die in einer von seiner Behörde erstellten Drucksache benannt wurden, in den Kostenplan einzurechnen. Die behördlichen Planungsdefizite sind dabei für Hajduk so gravierend, dass sie den Senat bat, den Rechnungshof einzuschalten, um „die Ursachen der Kostenentwicklung zu prüfen“. Der kam dieser Bitte gestern nach – ein Novum in der Hamburger Geschichte.

Bei der Prüfung durch den Rechnungshof wird auch die Frage eine Rolle spielen, warum die sich anbahnende Kostenexplosion jahrelang unbemerkt blieb. Erst nachdem die mit der Realisierung des ZOB-Neubaus beauftragten Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein (VHH) vergangenen September den Projektsteuerer gefeuert und anschließend externe Gutachter mit der Prüfung der Kosten beauftragt hatten, kam das ganze Ausmaß der Fehlplanungen zum Vorschein. Auch Hajduk war noch im Herbst von einer Kostenüberschreitung von lediglich rund 1,5 Millionen Euro ausgegangen.

Während sich Freytag und Gedaschko, die von Anfang 2004 bis Frühjahr 2008 nacheinander die Stadtentwicklungsbehörde lenkten, sich gestern nicht zu dem Planungsdesaster äußerten, legte die Opposition genüsslich ihren Finger in die Wunde. Für die SPD ist die Kostenexplosion ein „neuer Beweis für die Unfähigkeit des Senats bei der Realisierung von Infrastrukturprojekten“.

Hafencity-U-Bahn, Elbphilharmonie und Bergedorfer ZOB seien dabei nur die Perlen „einer Kette millionenschwerer Fehlplanungen“. Die „Botschaft ist erschütternd: Komplexe Projekte dürfen unter Schwarz-Grün schon mal 100 bis 300 Prozent teurer werden als geplant“, ergänzt der Finanzexperte der Linken, Joachim Bischoff.

Den Senats-Ruf nach dem Rechnungshof findet SPD-Haushaltsexperte Peter Tschentscher dabei „ziemlich bemerkenswert“. Hatte doch erst vorige Woche während der bürgerschaftlichen Debatte um die Kosten der Hafen-City-Uni GAL-Fraktionschef Jens Kerstan dem Gremium die Kompetenz abgesprochen. Doch offensichtlich habe Frau Hajduk anders als Kerstan „noch etwas Vertrauen in die Kontrollfunktion des Rechnungshofes“, unkt Bischoff.