: Durchsichtig
Die Millionen-Treffer-Frau: Der französische Modefotograf Cometti traf den US-Pornostar Jenna Jameson
Wenn das Internet eine Datenautobahn ist, dann steht auf jedem Rastplatz ein Puff, und die Puffmutter, das ist Jenna Jameson. Mit anderen Worten: Jenna Jameson ist der Superstar der amerikanischen Pornoindustrie. Seit mehr als zehn Jahren im Geschäft, hat sie über 80 Hardcorestreifen gedreht, sie hat den Porno-Oscar gewonnen und ihre eigene Produktionsfirma gegründet. Nach eigener Auskunft ist Jameson die „most downloaded women“ der Welt; wer nach ihr googelt, bekommt 1,86 Millionen Treffer angezeigt.
In letzter Zeit hat es Jameson etwas ruhiger angehen lassen. Sie hat ein Buch geschrieben, das heißt, sie hat es schreiben lassen, in dem sie erzählt, wie sie es vom kleinen Provinzmädchen nach ganz oben geschafft hat. „How to make love like a pornstar“ heißt das Werk; in den USA ist daraus ein Bestseller geworden. Und Jameson hat den französischen Modefotografen Philippe Cometti getroffen – die Aufnahmen, die bei diesem Treffen entstanden, werden jetzt in der Galerie Viaux gezeigt.
„Performing with Jenna Jameson“ ist der wenig tief schürfende Titel der Reihe. Zu sehen ist rund ein Dutzend großformatiger Schwarz-Weiß-Fotos, auf denen es mitunter freizügig, insgesamt aber sehr züchtig zugeht. Für Cometti, der als Modefotograf für Labels wie YSL, Armani oder Lanvin bekannt wurde, ist Jenna Jameson „die ultimative weibliche Ikone“. Abgesehen davon, dass man da wohl anderer Ansicht sein mag, soll diese Aussage eine übergeordnete Idee andeuten, die das ganze Projekt bei weitem nicht hat.
Denn statt Fragen über das Verhältnis von Mode und Pornografie, über Körper und Projektionen, Verlangen und Glamour aufzuwerfen, sind diese Bilder eindimensional und langweilig. Und sie sind noch nicht einmal erotisch. Man sieht Jenna Jameson in einem nassen Shirt, die übergroßen Brüste zeichnen sich darunter ab, und ihr Blick geht träumerisch über den Bildrand hinaus … falls dies Sinnlichkeit ausdrücken soll, sollte Cometti die Sache noch mal überdenken. Dasselbe gilt für ein Werk, auf dem Jameson in einem grobmaschigen Strickoberteil zu sehen ist, das entsprechende Einblicke zulässt und darin allzu durchschaubar ist. Oder eine Aufnahme, auf der man Jamesons Nacken sieht, mit einem Schlangentattoo darauf – ach, wie verführerisch!
Wenn man die Bilder betrachtet, drängt sich der Verdacht auf, dass hier nach einer allzu simplen Rezeptur vorgegangen wurde: Nimm einen aufstrebenden Modefotografen, lass ihn Aufnahmen von einem Pornostar schießen, mach das Ganze in Schwarz-Weiß, und fertig ist ein subtiles, beeindruckendes Werk. Man mag dem White Cube ja einiges an Verwandlungskraft zutrauen; alles kann er jedoch nicht. SEBASTIAN FRENZEL
„Cometti „Performing with Jenna Jameson“. Bis 16. 3. Di.–Fr. 12–20 Uhr, Sa. 12–18 Uhr. Viaux Berlin, Mulackstraße 12, Mitte