: Ein Heine für Bremen
DENKMAL In den Wallanlagen soll ein Heinrich Heine-Denkmal errichtet werden. Traditionsgerecht ist dessen Aufstellung umstritten, obwohl die Finanzierung steht
VON HENNING BLEYL
In den Wall-Anlagen, zwischen der Kunsthalle und der Kreuzung vor der Stadtbibliothek, soll ein Denkmal für Heinrich Heine errichtet werden. Bei dem Plan des Gerhard Marcks-Hauses, eine etwa zwei Meter hohe Bronzefigur des Bildhauers Waldemar Grzimek aufzustellen, ergibt sich eine für Bremen eher untypische Problemkonstellation: Die Finanzierung ist über private Sponsoren komplett gewährleistet, doch längst nicht alle Beteiligten sind sicher, dass sie den Heine wirklich dort haben wollen. Bei „Stadtgrün“ als Hüterin des historischen Gartendenkmals Wallanlagen besteht noch umfangreicher Klärungsbedarf, sagt deren Sprecherin.
Die Planung eines Heines-Denkmals, die nicht zu Auseinandersetzungen führt, wäre in Deutschland auch geradezu traditionslos. Seit 1887, als zum 100. Geburtstag des Dichters in Düsseldorf erstmals entsprechende Initiativen ergriffen wurden, löste so gut wie jeder Aufstellungsplan öffentliche Kontroversen verschiedenster Art aus. Hamburg lehnte einen geschenkten Marmor-Heine zweimal wegen dessen „vaterlandsfeindlicher Haltung“ ab, Düsseldorf schaffte die Denkmal-Errichtung schließlich zum 184. Dichter-Geburtstag. Wilhelm II. nannte Heine einen „Schmutzfink im deutschen Dichterwald“ und ließ ihn aus seinem Schlosspark entfernen.
Speziell das Grzimek-Werk ist Widerstände gewohnt: Obwohl Grzimek die Ursprungsfigur des jetzt für Bremen vorgesehenen Abgusses 1954 im offiziellen Auftrag des „Kulturfonds Groß-Berlin“ geschaffen hatte, verboten die DDR-Kulturpolitiker die geplante Aufstellung neben der Humboldt-Universität: Die Skulptur sei „zu wenig heroisch“, „zu introvertiert“, „ohne Pathos und Monumentalität“. Nach einer entsprechenden Kampagne der staatsnahen Berliner Tageszeitung verschwand der Heine in einem abgelegenen Park, erst 2002 konnte eine Kopie am ursprünglich vorgesehenen Standort Unter den Linden aufgestellt werden.
Gegen so viel Streitgeschichte nimmt sich die bei Stadtgrün zu beobachtende Zögerlichkeit in Sachen Heine geradezu langweilig aus. „Wir müssen uns sehr genau angucken, ob das in das Umfeld der Wallanlagen passt“, sagt Stadtgrün-Sprecherin Kerstin Doty lediglich. Speziell der Teil hinter der Kunsthalle sei bereits von etlichen Denkmälern besetzt.
Allerdings legt gerade die Existenz der „Altmannshöhe“, des 1935 eingeweihten „Gefallenen-Ehrenmals“, die Schaffung eines Gegenpols nah. Das erkannte schon Kurt Tucholsky: „Die Zahl der deutschen Kriegsdenkmäler zur Zahl der deutschen Heine-Denkmäler verhält sich hierzulande wie die Macht zum Geist.“
Nach Angaben des Bau- und Umweltressorts, das die Aufstellung letztlich genehmigen muss, soll die Entscheidung „bis zum Ende der Sommerpause“ fallen. Zwar hält man auch dort Heine für „einen großen deutschen Dichter“, doch das Verfahren sei völlig offen. Geht es nach dem Marcks-Haus, wo der Grzimek-Nachlass samt Heine-Gips seit 2006 aufbewahrt wird, soll das Denkmal zum Dichter-Geburtstag am 13. Dezember eingeweiht werden. Die für Guss und Aufstellung erforderlichen 40.000 Euro seien durch einen Bremer Sponsor sichergestellt, sagt Direktor Jürgen Fitschen.
Sollte der Termin nicht zu halten sein, wäre rein jubiläumsmäßig allerdings nicht allzu viel verloren: Ein Jahr später feiert Heine seinen 213. Geburtstag, der ja nur unwesentlich unrunder ist. Wartet man bis 2011, bietet sich immerhin ein 155. Todestag an.