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Archiv-Artikel

Ukraine bietet Reisefreiheit für EU-Bürger

Ukraine erhofft sich mit Visa-Vorstoß Erleichterungen in der EU-Einreisepolitik. Uhl: „Eine visumsfreie Einreise aus der Ukraine wird auch künftig nicht möglich sein.“ Streit über geplanten Auftritt Juschtschenkos im Bundestag beigelegt

BERLIN taz ■ Die Ukraine will allen EU-Bürgern ab Mai eine visumsfreie Einreise ermöglichen. Im Gegenzug erhofft sich die neue ukrainische Regierung Erleichterungen in der Visa-Politik der EU. Schon beim Berlin-Besuch von Präsident Wiktor Juschtschenko am 9. März könnte der Visa-Verzicht bekannt gegeben werden, berichtete das Handelsblatt gestern unter Berufung auf einen namentlich nicht genannten ukrainischen Diplomaten.

Vor dem Hintergrund des Visa-Untersuchungsausschusses stößt der Vorschlag im Bundestag nicht nur auf Zustimmung. „Eine visumsfreie Einreise aus der Ukraine wird auf absehbare Zeit nicht möglich sein“, sagte der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, Hans-Peter Uhl (CSU), der taz. Dazu sei die Sache zu problematisch. „Wir wollen jedoch einen kulturellen und wirtschaftlichen Austausch mit dem Ausland. Die dafür nötigen Visa sind nach sorgfältiger Überprüfung sofort auszustellen“, sagte Uhl. Ein Visum sei jedoch weiterhin das einzige Kontrollinstrument, um Schwarzarbeit zu verhindern.

Auch der innenpolitische Sprecher der FDP, Max Stadler, dämpft die ukrainischen Erwartungen auf eine visumsfreie Einreise. Er hält es für unwahrscheinlich, dass die Bundesregierung mit Blick auf die Visa-Affäre der Ukraine entgegenkommen wird. „Trotzdem ist kurzfristig ein reibungsloser Reiseverkehr mit der Ukraine sinnvoll“, sagte Stadler. Um dies zu ermöglichen, müsste allerdings dringend das Botschaftspersonal in Kiew aufgestockt werden.

Auch der Grünen-Obmann im Untersuchungsausschuss, Jerzy Montag, sprach sich für künftige Reiseerleichterungen aus. „Das ist in unserem Interesse. Wenn sich der Nebel verzogen hat, werden die Vernünftigen erkennen, dass nicht alle Ukrainer Kriminelle und Prostituierte sind“, sagte Montag zur taz. Deutschland müsse sich seinen Besuchern öffnen.

Unterdessen haben sich die Spitzen der vier Bundestagsfraktionen darauf geeinigt, dass der ukrainische Präsident Juschtschenko als Zeichen der Anerkennung für die friedliche Revolution in der Ukraine am kommenden Mittwoch im Bundestag sprechen darf. Zuvor hatte es laut Zeitungsberichten vor allem aus den Reihen der Union Vorbehalte gegen einen entsprechenden Vorschlag des Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses, Volker Rühe (CDU) gegeben. Vor allem aus der CSU seien Befürchtungen laut geworden, die eigene Arbeit im Untersuchungsausschuss könnte konterkariert werden. „Ich kann mir nicht vorstellen, wer das aus unseren Reihen gewesen sein soll. Mir ist davon nichts zu Ohren gekommen, und ich bin der Vorsitzende des Ausschusses“, sagte Uhl. Die Union sei von Anfang an für einen Auftritt Juschtschenkos gewesen. Der Weg, den die Ukraine zurückgelegt habe, müsse honoriert werden.

„Das Signal, das die Union aussendet, ist zwiespältig“, sagte daraufhin Jerzy Montag. „Auf der einen Seite sendet die CDU/CSU Signale, dass ihr die Ukraine suspekt ist, auf der anderen Seite will sie die Demokratiebewegung honorieren.“ Die Botschaft müsse einstimmig sein, sonst werde sie missverstanden, sagte Montag. PHILIPP DUDEK