: Nichtschwimmer im Geld
Kommunen im Ruhrgebiet bestreiten Millionen-Entlastung durch die Arbeitsmarktreform Hartz IV. Für Investitionen zur Wirtschaftsankurbelung sei trotz Einsparungen bei der Sozialhilfe kein Geld da
VON MARTIN TEIGELER
Den Kommunen im Ruhrgebiet fehlen die Mittel, um die Wirtschaft anzukurbeln. Die Revierstädte haben trotz Arbeitsmarktreform Hartz IV kein Geld für Investitionen in Verkehrsprojekte oder Bauvorhaben übrig. „Hartz IV bringt nicht genug Entlastung“, so Roland Schäfer, Präsident des NRW-Gemeindebundes und SPD-Bürgermeister von Bergkamen, gestern zur taz. Einige Städte hätten nun finanziellen Spielraum, andere meldeten Mehrbelastungen.
Nach dem von SPD, CDU und Grünen beschlossenen Gesetz müssen die Gemeinden durch die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe bundesweit um 2,5 Milliarden Euro entlastet werden. Dem größten Bundesland stünden rund 700 Millionen Euro zu. Ob dieses Entlastungsziel für die NRW-Kommunen erreicht werde, sei offen, sagt Schäfer: „Ob NRW Verlierer- oder Gewinnerland ist, wissen wir wohl erst Mitte des Jahres.“
Bundespolitiker und Wirtschaftsvertreter hatten die Städte dazu aufgefordert, wegen der wahrscheinlichen Entlastungen durch Hartz IV mehr Geld in den schwachen Wirtschaftskreislauf zu stecken. Doch die klammen Kommunen denken nicht daran. „Hartz IV spült kein Geld in die Stadtkasse“, sagt Gelsenkirchens sozialdemokratischer Oberbürgermeister Frank Baranowski. Nach bisherigen Berechungen werde die Reform mit einer „erheblichen Belastung zu Buche schlagen“. Auf Nachfrage veranschlagt ein Stadtsprecher die Zusatzkosten für Gelsenkirchen auf rund 860.000 Euro. In einer Ratsvorlage wird diese Zahl jedoch nur grob geschätzt, mögliche Entlastungen durch weniger Personal- und Sachmittelausgaben sind eher konservativ taxiert worden. OB Baranowski fordert ein Notprogramm für stark von Arbeitslosigkeit betroffene Kommunen: „Nur mit zusätzlichen Mitteln können wir Investitionen tätigen.“
„Vor Ort darf die Konstruktion der Arbeitsgemeinschaft für Hartz IV nicht auf Kosten der Kommune gehen“, sagt Gemeindebund-Chef Schäfer. Eigentlich sollten Städte mit hoher Arbeitslosigkeit wie Gelsenkirchen überproportional von der Reform profitieren. Möglicherweise müsse Gelsenkirchen bei den „Personalüberleitungen“ mit der Bundesagentur für Arbeit nachbessern. Für die Zurückhaltung der Kommunen bei Investitionen ist nach Ansicht des Dortmunder SPD-Oberbürgermeisters Gerhard Langemeyer die Unsicherheit über die Hartz-Kostenbelastung verantwortlich. „Wir rechnen damit, plus minus Null herauszukommen“, so das Städtetag-Präsidiumsmitglied.
Gemeindebund-Präsident Schäfer rechnet in seiner Kommune Bergkamen mit Entlastungen durch Hartz IV. 1,8 Millionen Euro hat die Stadt im östlichen Ruhrgebiet dank ALGII jetzt mehr in der Kasse. Das Geld geht allerdings kaum für Investitionen drauf. Schäfer: „Damit füllen wir unsere Haushaltslöcher.“