GLOBALISIERUNG : Neuer Kampf um Rohstoffe
Die „Rohstofffrage“ ist zurück in der öffentlichen Diskussion. Waren es im vergangenen Jahr vor allem die steigenden Ölpreise, die den privaten Verbraucher erregt haben, ruft nun die deutsche Industrie um Hilfe. Denn auch die Preise für Eisenerz, Stahl, Aluminium und Kupfer sind drastisch gestiegen und belasten die Kostenrechnung der Autobauer und Chemiekonzerne.
KOMMENTARVON STEPHAN KOSCH
Eine Folge der Globalisierung: Das boomende China und das ebenfalls dynamisch wachsende Indien wollen ein Stück vom Rohstoffkuchen haben, um den Hunger ihrer Wirtschaft zu stillen. Erstaunlich, dass sich nun gerade die Vertreter des freien Marktes verwundert die Augen reiben. Denn diese Schwellenländer folgen nur den Glaubensgrundsätzen der neoliberalen Denkweise: Ein freier Markt schafft Wachstum und Wohlstand, der die Nachfrage weiter vorantreibt und für neues Wachstum sorgt. Das treibt die Preise – und wer sich gegen die neuen Konkurrenten nicht absichert, macht eben keinen guten Job. Auch der zweite Grund für die knappe Verfügbarkeit von Rohstoffen, die Konzentration des Angebots auf immer weniger und dadurch immer mächtigere Konzerne, folgt den ureigensten Marktgesetzen des Weltmonopoly.
Zudem waren und sind Rohstoffe ohnehin ein politisches Thema, in der Golfregion, in Afrika und im deutsch-russischen Verhältnis sowieso. Neu ist nur die enorme Steigerung der Nachfrage auf dem Weltmarkt – und die bietet nicht nur Nachteile. Der Export von Rohstoffen könnte gerade für die armen Staaten Afrikas eine enorme entwicklungspolitische Bedeutung gewinnen und der gesamten Bevölkerung zugute kommen. Könnte. Wahrscheinlicher ist, dass die hohen Preise zu neuen Verteilungskämpfen führen werden, zu einer neuen Runde von Interventionen, Umweltbelastungen, Vertreibungen und Bereicherung weniger.
Über viele Jahre hinweg hat sich in den westlichen Industrieländern eine Diskussion um Nachhaltigkeit und Menschenrechte entwickelt, die den westlichen Multis das unbeschränkte Wirtschaften besonders in den armen Ländern erschwert. Mit China hat ein Akteur die Bühne betreten, der sich Verhaltenskodizes und ähnlichen wirtschaftsethischen Vereinbarungen verweigert. Erfreulich ist dies nur für die wenigen Gewinner im Rohstoffhandel.
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