WAS MACHT EIGENTLICH ...Dieter Schnebel?
: Die Philharmonie sprengen

Der Komponist Dieter Schnebel hebt mit seiner Sinfonie X die Philharmonie aus den Angeln. Er darf das, schließlich er feiert mit der Aufführung am Sonntag im Rahmen des Festivals „Maerzmusik“ in seinen 75. Geburtstag rein – und mit ihm 2.000 Menschen. Der Große Saal ist schon fast ausverkauft. Die Vorbereitungen für das dreieinhalbstündige Konzert laufen auf Hochtouren: Sitzreihen werden überbaut, um ein Aufgebot von vier Orchestern und 38 Sängern im ganzen Saal zu verteilen. Massenhaft außergewöhnliche Instrumente für die Schlagzeuger müssen her, zum Beispiel Windmaschinen, Zweige, Peitschen, Vogelpfeifen, Autohupen, Luftballons, Messer mit Wetzstahl, Papier, Plastik und Sensen. Schnebels Musik schwappt mit Installationen und Live-Elektronik bis ins Foyer.

„Dieter Schnebel hat keine Scheuklappen und zeit seines Lebens als Tür- und Fensteröffner gewaltige Arbeit geleistet“, sagt Matthias Osterwold, künstlerischer Leiter von „Maerzmusik“, dem Festival für aktuelle Musik. Das ist das Besondere an diesem Komponisten, der auch Pfarrer, Lehrer und Professor für Experimentelle Musik an der Berliner Hochschule der Künste war: Er lässt sich einfach nicht festlegen, auch wenn er oft als „europäischer John Cage“ bezeichnet wurde. Die Sinfonie X ist für ihn ein Kraftakt – die Arbeit von 20 Jahren steckt darin. „Ich sitze jeden Tag acht Stunden in den Proben, und danach bin ich ziemlich alle“, sagt Schnebel. Blickt man in sein zufrieden strahlendes Gesicht, braucht man deswegen nicht beunruhigt zu sein. ANS FOTO: MAERZMUSIK