: Ein weiter Weg nach Edinburgh
KOOPERATION In Hamburg haben sich drei Theaterfestivals zusammengeschlossen, um Studierende, Nachwuchs-Überflieger und freie Gruppen zu präsentieren. So ganz aufgehoben sind die Unterschiede zwischen diesen drei Sphären dabei allerdings nicht
Die „Plattform Junges Theater“ möchte eine Momentaufnahme junger Theaterproduktionen sein
■ „Finale 09“ – das Festival der Hamburger Theaterakademie: 10.–15. 7., Deutsches Schauspielhaus; www. finale-hamburg.de
■ „Kaltstart“, das Festival für professionellen Nachwuchs: 13.–19. 7., Kulturhaus III&70 und Hamburger Clubs; www.kaltstart-hamburg.de
■ „Fringe Hamburg“: 10.–19. 7., freie Spielstätten im Schanzenviertel; www.fringe-hamburg.de
Jetzt haben es also auch die hiesigen Theaterleute und sonstigen darstellenden Künstler für sich entdeckt: das Festival ohne Kurator, wie es die Bildenden Künste seit langem praktizieren. Eine Präsentation von künstlerischem Nachwuchs, die nicht durchs Sieb einer Jury gegangen ist. Über schlichte Anmeldungen von interessierten Theatergruppen oder Einzelkünstlern funktioniert seit 60 Jahren das „Fringe“ Festival im schottischen Edinburgh. Ursprünglich wollten die „Fringe“-Leute andocken an das Edinburgh Festival, um auf den Straßen drum herum Subkulturelles zeigen. Inzwischen ist „Fringe“ ein hochwertiges internationales Festival-Format.
Das mit dem Andocken könnte auch in Hamburg funktionieren, dachten sich einige Theaterleute, und so war die Idee geboren zu einer „Plattform junges Theater“, die auf drei Säulen fußt: dem „Kaltstart“-Festival, das seit inzwischen vier Jahren professionelle Aufführungen junger Regisseure aus großen Häusern an, nun, ungewöhnliche Spielorte lädt und sie dort „unplugged“ spielen lässt. Dann ist da das Jahrgangs-Abschlussfestival „Finale“, das die Hamburger Theaterakademie seit ebenfalls vier Jahren organisiert. An diese beiden wird sich jetzt erstmals auch das „Fringe“-Konzept andocken, das unter dem Motto „Pirates wanted“ freie Gruppen präsentiert, die sich einfach anmelden können. Bedingung: die Beteiligten müssen mehrheitlich unter 35 Jahre alt sein, die Produktionen müssen eigenfinanziert sein.
Sehr groß war der Ansturm im ersten Jahr noch nicht, sagt Mitorganisator Daniel Opper, die Dimension anderer „Fringe“-Festivals erreiche man vorläufig nicht: „Hamburg ist keine Stadt, für die sich Gruppen – und für Edinburgh und New York tun sie das durchaus – verschulden, um dabei zu sein“, sagt Opper, der mit ursprünglich 500 Euro Budget 77 Veranstaltungen an 17 Orten plante. Kurzfristig schoss eine Stiftung 10.000 Euro zu, die allerdings für Jahre reichen sollen: „Wir wollen Hamburg zum Sommerfestival-Treffpunkt weiterentwickeln“, sagt Opper.
Bei solchen Rahmenbedingungen können die Auftretenden keine Preise gewinnen, sei nicht Konkurrenz gefragt, sondern Solidarität, sagen die Macher. Gleichberechtigt sollen die drei Festivals nebeneinander stehen. Ob die Profis mit Schauspielhaus-Produktionen im selben Atemzug mit einer freien Theater-Gruppen genannt werden wollen, steht dahin. Und was passiert, wenn die einen, die ohne Subventionen, plötzlich mehr Zulauf haben als die anderen? Da könnten ganz alte Diskussionen wieder aufbrechen.
Und so ganz einheitlich ist das Festival-Konglomerat denn auch nicht: Nicht nur werden die Tickets an verschiedenen Orten verkauft, auch listet das gemeinsame Programm stets auf, welchem Festival eine Produktion zuzurechnen ist. Ein Ranking der subtilen Art.
Zudem hat das „Finale“-Festival mit dem Malersaal des Deutschen Schauspielhauses den vielleicht exklusivsten, sicher aber etabliertesten Spielort. Das war im vorigen Jahr schon so, und dieses Privileg wollte man der gemeinsamen Idee offenbar nicht opfern. Alles andere trägt sich dann an ungewöhnlicheren Locations zu, etwa in Musikclubs auf St. Pauli.
Trotz aller feinen Unterschiede, die also bleiben: Michael Börgerding, Leiter der Hamburger Theaterakademie, macht mit bei der Festival-Kooperation, um seinen Studierenden die Begegnung mit erfolgreichen Jungprofis zu verschaffen. Die werden ihren Kollegen vom Nachwuchs sicher gern verraten, wie man an irgendwann ein großes Haus kommt. Ist ja schließlich ein Festival der Solidarität, nicht wahr? PETRA SCHELLEN