: Vergebliches Warten auf Firmenspenden
Dem von der UN ins Leben gerufenen Fonds gegen Aids, Tuberkulose und Malaria fehlen 3,8 Milliarden US-Dollar. Grund ist die Zurückhaltung der Konzerne, die trotz steigender Gewinne bislang noch viel zu wenig eingezahlt haben
BERLIN taz ■ Die Bekämpfung der weltweiten Armut ist in aller Munde – doch die Spendierfreudigkeit hält sich in Grenzen. Dies gilt auch für die großen transnationalen Unternehmen, obwohl deren Gewinne zurzeit reichhaltig fließen. Die Zurückhaltung ist ein Problem für den „Globalen Fonds gegen Aids, Tuberkulose und Malaria“, dessen Spendenkonferenz heute in der schwedischen Hauptstadt Stockholm beginnt.
Bis Ende 2006 fehlen nach Informationen des deutschen Aktionsbündnisses gegen Aids rund 3,8 Milliarden Dollar. „Die private Säule des Fonds existiert kaum“, sagt Barbara Wieland, Sprecherin von Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul. Zu den erhofften Einzahlungen vonseiten der Wirtschaft ist es bisher kaum gekommen. Ausnahmen wie der Mineralölkonzern Agip und die Winterthur- Versicherung bestätigen die Regel.
Auf Betreiben der Vereinten Nationen im Jahr 2002 als Partnerschaft zwischen Regierungen, privaten Organisationen und der Wirtschaft gegründet, hat der Globale Fonds bislang rund drei Milliarden Dollar ausgegeben. Dafür wurden unter anderem Aids-Medikamente für 130.000 Menschen gekauft und fast 700.000 Menschen gegen Tuberkulose und Malaria behandelt.
Auch die großen deutschen Unternehmen halten sich bedeckt. Bei der Deutschen Bank, die in den vergangenen Jahren einmal 15.000 Euro in den Globalen Fonds einzahlte, heißt es, „Gesundheit gehöre nicht zur Kernkompetenz“. Das Institut habe sich entschlossen, vor allem Bildungsprojekte zu finanzieren, und betreibe dafür selbst zwei Fonds. Außerdem verweist die Bank auf 4,2 Millionen Euro, die sie für Kleinstkredite in Afrika, Asien und Südamerika zur Verfügung stelle.
DaimlerChrysler verweist auf die eigenen, auch von unabhängiger Seite gelobten Projekte gegen Aids in Südafrika, die das Unternehmen rund 1,5 Millionen Euro pro Jahr kosten. Die Milliardensummen, die der Global Fonds brauche, seien „für die Privatwirtschaft nicht zu stemmen“, lautet die Einschätzung von DaimlerChrysler.
Katja Roll vom Aktionsbündnis gegen Aids ist hingegen anderer Auffassung: „Im Vergleich zu den finanziellen Möglichkeiten großer transnationaler Konzerne bleibt ihr Beitrag mehr als schwach.“ In den ärmeren Ländern warteten noch sechs Millionen Menschen auf Behandlung, so Roll.
Der Globale Fonds ist ein wichtiges Instrument zur Erreichung der so genannten Millenniumziele der Vereinten Nationen. In ihrem Beschluss von 2000 haben sich alle 191 Mitgliedstaaten verpflichtet, bis zum Jahr 2015 unter anderem die weltweite Armut zu halbieren und Krankheiten wie Aids zurückzudrängen. Laut einer Studie, die der US-Ökonom Jeffrey Sachs im Auftrag der UN erstellt hat, sind dafür ab 2006 mindestens 70 Milliarden Dollar pro Jahr zusätzlich notwendig. Jetzt geht es darum zu erkunden, woher dieses Geld kommt.
In der Europäischen Union werden deshalb neue Maßnahmen diskutiert – etwa die Einführung einer Kerosinsteuer auf Flugreisen. Von den Privatunternehmen ist freilich noch nicht viel zu hören. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, seien keine Aktivitäten der Wirtschaft bekannt, um das zusätzliche Geld zur Erreichung der Millenniumziele aufzubringen, heißt es im Bundesentwicklungsministerium.
Das bedeutet jedoch nicht, dass Unternehmen in der Vergangenheit nichts getan hätten. Das Millenniumprojekt der Vereinten Nationen selbst listet vielfältige Beteiligungsmöglichkeiten für Unternehmen auf und präsentiert Beispiele. Darunter findet sich auch ein Projekt, das die Bayer AG aus Leverkusen im südbrasilianischen Bundesstaat Rio Grande do Sul durchführt. Mit 25.000 kleinbäuerlichen Familien in acht Gemeinden will man einen „verantwortungsvollen Umgang“ mit Pflanzenschutzmitteln trainieren, um die Risiken zu minimieren und den Ertrag des Bodens zu steigern.
Beim Millenniumprojekt der UN weiß man allerdings auch, dass es mehr solcher Beispiele geben müsste. „Werden Sie zu Botschaftern der Millennium-Ziele und mobilisieren Sie Partner“, lautet der dortige Appell an die Adresse der Unternehmen.
HANNES KOCH