: Der Weg ins Krankenhaus wird länger
CDU und Ärztekammer in NRW sehen die Gesundheitsversorgung auf dem Land in Gefahr. Die Landesregierung wertet das als „Unsinn“ ab. Auch eine neue EU-Richtlinie könnte die Lage der Krankenhäuser im Land weiter verschärfen
DÜSSELDORF taz ■ Die Landbevölkerung muss demnächst weit fahren, um zum nächsten Krankenhaus zu gelangen. Das prognostizierte der Gesundheitsexperte der CDU-Fraktion, Rudolf Henke gestern auf einer Pressekonferenz. Faktoren wie die neuen Fallpauschalen, höhere Anforderungen an die Qualität sowie Veränderungen bei den Arbeitszeitbestimmungen führten dazu, dass viele Krankenhäuser schließen müssten. „Ich habe kein Verständnis für die Sorglosigkeit der Gesundheitsministerin Fischer“, so Henke. Insbesondere auf dem Land sei die flächendeckende Versorgung gefährdet.
Dies bestätigt auch Andreas Daniel, Sprecher der Ärztekammer Westfalen-Lippe. Von den heute 470 Krankenhäusern in Nordrhein-Westfalen sollen 200, vermuten Wirtschaftsexperten, bald nicht mehr existieren. „Bei der Versorgungsdichte im Ruhrgebiet ist das noch kein Problem“, sagt Daniel. Im westlichen Münsterland, im Hochsauerland und im Märkischen Kreis beispielsweise hätten die BewohnerInnen aber heute schon sehr lange Wege zu Krankenhäusern oder auch zu niedergelassenen Ärzten. „Das wird sich noch dramatisch verschlechtern“, sagt er.
Für die finanzielle Lage der Krankenhäuser sorge vor allem die neu eingeführte Fallpauschale in Verbindung mit höheren Qualitätsanforderungen. Früher bekamen die Krankenhäuser Tagesgeld von den Kassen, heute nur noch ein Pauschale. „Davon muss dann aber auch der Chefarzt, die Morgenbrötchen und die Reinigung der Bettwäsche bezahlt werden“, sagt Daniel. Kleinere Kliniken könnten mit den Qualitätsstandards nicht mithalten. Und so könne es durchaus sein, dass es zunehmend zu einem Stadt-Land-Gefälle komme, so Daniel. Er hat eine Lösung des Problems: „Die Landesregierung könnte die wenigen Krankenhäuser auf dem Land finanziell unterstützen.
Die Landesregierung sieht jedoch zur Zeit überhaupt keinen Bedarf: „Die Behauptung des CDU-Abgeordneten Rudolf Henke, dass die Krankenhausversorgung im ländlichen Raum gefährdet sei, ist Unsinn“, reagiert das Landesgesundheitsministerium direkt auf die Konferenz des Gesundheitsexperten de Union. Der aktuelle Krankenhausplan lege fest, dass Patienten in NRW nicht weiter als 20 Kilometer von ihrem Wohnort zum nächsten Krankenhaus fahren müssten.
Neue Arbeitszeitbestimmungen für Klinikpersonal verschärfen die Situation der deutschen Krankenhäuser auf jeden Fall: So hat der europäische Gerichtshof haben entschieden, dass Bereitschaftsdienste nicht als „Ruhezeiten“ gelten. 24-Stunden-Dienste von Ärzten, wie sie in Deutschland üblich sind, werden in Zukunft nicht mehr möglich sein. „Die Versorgung wird sich verschlechtern“, sagt Ärztekammer-Sprecher Daniel. Er sei aber sicher, dass die europäische Richtlinie, an der Kommission in Brüssel zurzeit arbeitet, nicht ganz so hart ausfallen wird. „Sie werden den Bereitschaftsdienst nur teilweise als Arbeitszeit festlegen“, sagt er. Denn schließlich sei die finanzielle Lage der Krankenhäuser in ganz Europa schlecht. NATALIE WIESMANN