: Erektion nur vorgetäuscht
Bund Geschiedener Scheidungsanwälte (BGS) präsentiert Top Ten der Scheidungsgründe
Bei einer Pressekonferenz am Freitag in Berlin hat der Bund Geschiedener Scheidungsanwälte (BGS) die wichtigsten Scheidungsgründe der Deutschen präsentiert. Erste Auffälligkeit: „Wir haben einfach zu unterschiedliche Geschlechter“ hat es nicht erneut geschafft. Anders als 2003, als dieser Trennungsgrund der meist genannte in Deutschland war, reichte es jetzt nur zu Rang 3 (19,3 Prozent). Die Top Ten wird zum ersten Mal angeführt von „Wir gehen uns so was von auf den Keks“ (23,5 Prozent), dicht gefolgt von „Wir konnten uns abends nicht mehr auf ein Fernsehprogramm einigen“ (22,4 Prozent).
Der Marburger Bund Geschiedener Scheidungsanwälte, der die Erhebung durchführte, hat ansonsten keine nennenswerten Verschiebungen in der Trennungsgründe-Hitparade registriert. Lediglich Rang 7 („Unausräumbare Unstimmigkeiten wegen der korrekten Mülltrennung“) und Rang 8 („Ich darf immer nur dann fahren, wenn er getrunken hat“) tauschten ihre Platzierungen. Demzufolge liegen wie schon 2003 „Juckreiz, Nässen und stechender Schmerz beim Geschlechtsverkehr“ auf dem vierten, „Er/sie zieht mir nachts immer die Bettdecke weg“ auf dem fünften sowie „Ständig zupft sie an mir herum“ auf dem sechsten Rang. Auch die Ränge 9 („Ihre Mutter“) und 10 („Seine Erektionen sind nur vorgetäuscht“) entsprechen denen des Vorjahres.
Neben der nackten Statistik präsentierte der BGS auch wieder einige ungewöhnliche Eheabbruchsgründe aus dem aktuellen Erhebungszeitraum. Ein bizarrer Fall trug sich im niedersächsischen Bortel zu: Eine 39-jährige Sekretärin reichte nur sechs Jahre nach ihrer Vermählung mit einem 48-jährigen Automanager die Scheidung ein, weil ihr Angetrauter, ein Hobbyjäger, die Ehe nur in frisch ausgeweideten Tierkadavern vollziehen konnte. Nicht diese seltsame sexuelle Konditionierung sei ihr allerdings „zusehends auf den Keks gegangen“, sondern die ungewöhnlich großen Strapazen zur Beschaffung der „Liebesnester“, erklärte die Frau.
Da dem Gatten der Akt nur im noch warmen Aas möglich gewesen sei, habe sie ihn ständig auf seinen Hochsitz begleiten und mitunter Nächte lang bei ihm ausharren müssen, bis er ein geeignetes Tier vor die Flinte bekam. „Und dann hat er häufig auch noch daneben geschossen“, gab die mittlerweile chronisch übermüdete Frau zu Protokoll. Die Ehe wurde mittels eines juristischen Umwegs über das niedersächsische Tierkörperbeseitigungsgesetz („Unzucht mit toten Tieren“) gelöst (Az. 223/1119/2a).
Sauber geschieden wurde dagegen ein Paar aus dem Hessischen. Sie konnte es nicht länger ertragen, dass ihr Mann, Tambourmajor eines Spielmannszugs, die Proben mit seinen 26 Pfeifern, Trommlern und Glockenspielern dreimal wöchentlich in der Vierzimmer-Mietwohnung der Eheleute abhielt. Der Gatte machte geltend, dass er nach einem Brand, dem der vereinseigene Probenraum zum Opfer gefallen war, keine andere Möglichkeit hatte, seine Kapelle für die bevorstehenden Weltmeisterschaft der Fanfaren- und Spielmannszüge zu trainieren. Er zeigte bei einem Gütetermin keine Bereitschaft, die Proben anderweitig zu organisieren, räumte lediglich ein, dass er die Marschformationen durchaus auch im Treppenhaus üben lassen könnte. Der zuständige Familenrichter überzeugte sich vor Ort von den unhaltbaren Zuständen und beendete die Ehe.
Durchaus triftig auch dieser Scheidungsgrund: Ein 53-jähriger Schulrektor, der erst 16 Monaten zuvor eine ehemalige Schülerin geehelicht hatte, reichte die Scheidung ein. Als Begründung gab der Mann seelische Grausamkeit an: Seine 20-jährige Gattin pflegte ihn nicht nur jeden Morgen mit dem Ian-Dury-Hit „Wake up and make love with me“ zu wecken, sondern bestand auch allmorgendlich darauf, dem Song die entsprechenden Taten Folgen zu lassen. Die Ehe wurde annulliert.
Mit seiner kuriosen Scheidungsstatistik will der BGS daran erinnern, dass entgegen eines landläufigen Vorurteils auch Scheidungsanwälte, deren Ehen scheiterten, einen „guten juristischen Job“ bei Eheabbrüchen bieten können, „wenn nicht naturgemäß sogar einen kompetenteren als Ungeschiedene“, sagte die BGS-Vorsitzende Felicitas Rothe-Apfelfraß. Damit habe sie sich allerdings „ungebührlich weit aus dem Fenster gelehnt“, so Robert D. Habedank, Präsident der Vereinigung Getrennt Lebender Scheidungsanwälte (VGLS): „Man muss nicht geschieden sein, um Scheidungen kompetent einzutüten.“
Übereinstimmend sind allerdings die konkurrierenden Ständevertretungen dafür, geschiedene Familienrichter keine Scheidungsfälle verhandeln zu lassen. Was umgehend den Bundesverband Promiskuitiver Familienrichter (BVPF) auf den Plan rief. Er kündigte für Montag eine Stellungnahme an.
FRITZ TIETZ