: Und führe uns nicht in Versuchung
Der Kreis Paderborn stoppt den Verkauf der Januar-Ausgabe des Magazins Popcorn. Dort waren „Frauen in Lederkleidung“ beim „angedeuteten Geschlechtsakt“ abgebildet
PADERBORN taz ■ Man glaubt es kaum: Die Popcorn, brave kleine Cousine der großen Bravo, landet auf dem Index. Das Blatt aus dem Springer-Verlag, dessen Sexual-Aufklärungsteil schon 12-jährigen Jungs und Mädchen nicht explizit genug ist, muss seine Januarausgabe einstampfen. Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPJM) stufte das Blatt wegen der Abbildung pornographischer Bilder als jugendgefährdend ein.
Gestoppt wurde die Auslieferung der wenigen noch nicht verkauften Exemplare des zwei Monate alten Heftes an einem Ort, an dem sich Gott und die Welt noch immer ein wenig näher sind als anderswo: Im Kreis Paderborn. Der reagierte auf den Anruf einer empörten Kioskbesitzerin, die sich über Ausschnitte aus einem Video des Berliner Rappers SIDO erregte: Sado-Maso-Spiele habe die Popcorn abgebildet, so die geschockte Dame. „Frauen in Lederkleidung“, präzisiert Kreissprecherin Michaela Pitz. Frauen in Lederkleidung beim Geschlechtsakt? „Naja, zumindest beim angedeuteten Geschlechtsakt. Ein Mann steht hinter einer gebückten Frau.“ Außerdem habe die Popcorn Mangas gezeigt, japanische Comics, „bei denen bekommen sie rote Ohren.“ Und die Texte zu den SIDO-Fotos, die wolle sie „besser gar nicht zitieren“. Weil man dem Ganzen besser nicht doch noch eine Öffentlichkeit geben sollte.
SIDO also. Der halbwüchsige Krawallrapper aus Berlin, der in Liedern wie dem „Arschficksong“ von „na Tube Gleitgel“ träumt und damit droht, „die Rosette“ immer schön zu reiben, denn „ein bisschen Schmerz muss sein“. SIDO, dessen Name sich angeblich von der Bezeichnung „Super Intelligentes Drogen-Opfer“ herleitet. Der gerne Totenkopfmasken trägt – eindeutig zu viel für Paderborn, aber auch zu viel für die Jugendschützer der BPJM.
„Wir wollen Springer mit der Indizierung disziplinieren“, sagt Kreissprecherin Pitz. Zwar sei die Januar-Ausgabe schon fast komplett vergriffen, doch gebe es wenigstens „einen Imageschaden“ für den Verlag. Alle Schulen im Kreis Paderborn seien bereits informiert, sagt Pitz. Die Eltern habe man aufgefordert, mal nachzusehen, welche Magazine die Kinder so in ihrer Schultasche mitschleppen. Dass man jetzt wieder das Klischee des „schwatten Kreis Paderborn“ bediene, damit müsse man leben, sagt Pitz. „Aber glauben sie mir: Wir sind auch nicht verklemmt oder bekloppt.“ KLAUS JANSEN
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