: Aufsichtsrat mauert im Fall Beiersdorfer
HSV-KRISE Bei der Mitgliederversammlung bleibt der Aufsichtsrat viele Antworten schuldig
Der HSV hat ein Vertrauensproblem. Das wurde am Montagabend auf der außerordentlichen Mitgliederversammlung deutlich. Ralf Bednarek, Abteilungsleiter der Supporters, sagte: „Wir haben den Aufsichtsrat zum Rapport bestellt“ – um die Umstände der Trennung von Sportchef Dietmar Beiersdorfer zu klären.
1963 stimmberechtigte HSV-Mitglieder waren ins Hamburger Congress Centrum (CCH) gekommen, um vor allem dem Aufsichtsratsvorsitzenden Horst Becker und dem Vorstands-Chef Bernd Hoffmann Fragen zu stellen. Der jahrelange Streit um Kompetenzen und Mitarbeiterführung zwischen Hoffmann und Beiersdorfer war im Juni eskaliert und führte zur Trennung vom erfolgreichen und beliebten Sport-Vorstand. Bednarek sprach von „großem Aufruhr“ unter den Fans. Die Stimmung schwankte zwischen Resignation und Rebellion: „Hoffmann raus“, brüllten einige schlicht.
Becker erklärte stereotyp: „Didi hat von sich aus hingeschmissen“. Fast alle wollten wissen, warum Beiersdorfer Becker in seinem Konflikt mit Hoffmann um Hilfe gebeten hatte, deren Ausbleiben schließlich zur Trennung führte. Hoffmann sagte: „Es ist mir auch rätselhaft.“
Zentrale Frage war, warum der HSV-Aufsichtsrat, nicht selbst mit Beiersdorfer sprach, sondern mit der Darstellung seines Personalausschusses zufrieden war. Der gab Beiersdorfers Position so wieder: „Ich mache nicht mehr weiter.“ Dabei, so viel sickerte durch, hatte Beiersdorfer gesagt: „Ich mache so nicht mehr weiter.“ Nur zwei Buchstaben – aber ein großer Unterschied.
Beiersdorfer hatte genug von den Einmischungen Hoffmanns und dessen respektlosem Umgangston gegenüber Mitarbeitern. Peter Gottschalk und andere Mitglieder forderten Becker und Jörg Debatin, den Ärztlichen Direktor und Vorstandsvorsitzenden des Universitätskrankenhauses Eppendorf, zum Rücktritt aus dem Aufsichtsrat auf. Debatin, der bei der Aufsichtsratswahl im Januar noch mit der Selbstverpflichtung für sich geworben hatte, für Presseinterviews stehe er nicht zur Verfügung, hatte Beiersdorfer nun im Hamburger Abendblatt „Starrsinnigkeit“ vorgeworfen. In der Versammlung kritisierte er erneut den Zeitpunkt „zu dem Beiersdorfer hingeschmissen hat, mitten in der für den Verein so wichtigen Transferperiode. Das hat uns geschadet“. Dafür gab es Pfiffe und Buhrufe, denn hinter den Kulissen sorgt Beiersdorfer derzeit für eine geordnete Übergabe.
Becker gab auf die Frage, wie lange er noch Aufsichtsratschef bleiben könne, eine für den HSV im derzeitigen Zustand bezeichnende Antwort: „So lange ich das Vertrauen der anderen elf Aufsichtsräte habe.“ Gottschalk erinnerte Becker daran, dass es ohne das Vertrauen der Mitglieder nicht geht. ROGER REPPLINGER