OFF-KINO
: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

Zwei Polizisten stehen in Xavier Beauvois’ Drama „Eine fatale Entscheidung“ (2005) an einem Wendepunkt in ihrem Arbeitsleben: Für den frisch von der Polizeischule in Le Havre kommenden Antoine (Jalil Lespert) ist sowohl die Großstadt Paris als auch die Realität auf dem Revier gänzlich neu – er blickt mit der Naivität des Anfängers auf seinen Beruf, die Abgeklärtheit der Kollegen fehlt ihm noch. Als das große Verbrechen, das der ehrgeizige Antoine herbeisehnt, schließlich passiert, kostet es ihn das Leben. Kommissarin Vaudieu (Nathalie Baye) hat hingegen die meisten Illusionen schon hinter sich gelassen – sie kehrt nach einem Alkoholentzug und drei Jahren Schreibtischarbeit gerade auf einen Posten als Ermittlungsbeamtin zurück. Vor allem aber nimmt Regisseur Beauvois das Schicksal seiner Hauptprotagonisten zum Anlass, ohne Effekthascherei den Alltag von Polizisten zu schildern. Was denken und fühlen die eigentlich so? Einer von Antoines Kollegen hat einen Migrationshintergrund, ein anderer Beamter äußert rassistische Ansichten, ein dritter hasst die Routinearbeit – und macht dann den Fehler, der Antoine zum Verhängnis werden wird. Typen und Dialoge sind dank sorgfältiger Recherchen und Beobachtungen stimmig wie selten. Mit fahlem Licht und schmuddeligen Farben entspricht die Ästhetik dem Sujet – ein „schöner“ Film sieht anders aus. Dafür ist „Eine fatale Entscheidung“ ganz dicht an der Realität. (Als OmU 22. 7. im Freiluftkino Kreuzberg)

Es gibt wohl kaum ein anderes Land, in dem der Turbokapitalismus der 1990er-Jahre für ein derartiges Ungleichgewicht zwischen Arm und Reich gesorgt hat, wie Russland. Etwa 20 Millionen Dollar müsse man schon für ein großes Haus und Grundstück an der Rubljovka ausgeben, einer Moskauer Ausfallstraße mit exklusiven Wohnlagen, meint da etwa der russische Immobilienmakler. Manche der alteingesessenen Einwohner in dieser einst ländlichen Gegend, aus der sie zusehends vertrieben werden, haben hingegen noch nicht einmal fließendes Wasser in ihren Häusern. Allerdings geht es der Regisseurin Irene Langemann in ihrer Dokumentation „Rubljovka – Straße zur Glücksseligkeit“ (2007) nicht um billige Kontraste, vielmehr versucht der Film die Ausprägung einer Mentalität von Menschen einzufangen, die ihre Privilegien auf Kosten einer armen Mehrheit zusehends für normal halten. (19. 7. im Kino Krokodil)

Hart und zynisch gibt sich Humphrey Bogart als Privatdetektiv Sam Spade in John Hustons Regiedebüt „Der Malteser Falke“ (1941). Doch hinter dieser Fassade kann man natürlich den romantischen Idealisten erkennen, der trotz allem einen selbstlosen Kampf für das Gute führt. Für Bogart wurde dies zur Blaupause seiner Heldenrollen der kommenden Jahre, im Übrigen gab die Verfilmung von Dashiel Hammetts Geschichte um die Suche nach einer vermeintlich wertvollen Falken-Statuette den Auftakt zum Stil des Film noir: zerrissene Helden und böse Frauen verstricken sich in einer Welt der Schatten in amoralische Intrigen. (21. 7. im Lichtblick-Kino) LARS PENNING