: Auf der „grünen Wiese“ wird es langsam eng
Aktuelle Satellitendaten im Internet belegen hohen Flächenverbrauch – gerade in Nordrhein-Westfalen. Eine neue Internetseite dokumentiert diese Negativentwicklung. Für eine unbetonierte Zukunft sei es sinnvoller, verstärkt Altbestände und ungenutzte innerstädtische Räume zu nutzen
In Deutschland wird jährlich die zweieinhalbfache Fläche der Stadt Bonn bebaut. Die Bodenversiegelung nimmt nach wie vor zu mit den bekannten Folgen von Überschwemmungen aufgrund der geringeren Versickerungsfähigkeit von Regenwasser. Am neuen, vom NRW-Umweltministerium finanzierten und vom Wissenschaftsladen Bonn realisierten Internet-Projekt “www.flaechennutzung.nrw.de“, ist auch das Zentrum für Fernerkundung der Landoberfläche (ZFL) der Uni Bonn beteiligt.
Mit Satellitendaten von 1975 bis heute wird die Verschwendung eines gerade in NRW knappen Guts dokumentiert. Hier ist der Anteil an versiegelter Fläche mit rund 22 Prozent bundesweit am höchsten – mit erschreckenden Konsequenzen: Hochwasser-Katastrophen werden gravierender, der Verkehr nimmt zu, die Landschaft wird völlig zersiedelt.
„Das Einfamilienhaus ist nach wie vor ein Traum vieler ,“ erklärt ZFL-Sprecher Gunter Menz. Aus Sicht der Flächennutzung wäre es aber sinnvoller, verstärkt Altbestände und ungenutzte innerstädtische Räume zu nutzen.
Auf der Internetseite kann man diese Negativentwicklung für NRW in den letzten 30 Jahren anhand von flächendeckenden Satellitenbildern nachvollziehen. Der Nutzer kann sich interaktiv für Kartenausschnitte seiner Wahl die zeitliche Entwicklung des Flächenverbrauchs anzeigen lassen. Eine ganze Reihe von Daten und Statistiken zur Flächennutzung und ihrer Entwicklung lassen sich grafisch darstellen und in Beziehung zum Landesdurchschnitt setzen.
Das Beispiel „Tagebau Hambach“ zeigt, wie sehr auch der Braunkohletagebau das Gesicht der Landschaft verändert. Am Beispiel des Ruhrgebiets dokumentiert die Seite den Zusammenhang zwischen Flächennutzung und Strukturwandel. Für „Siedlungsentwicklung im städtischen Raum“ steht exemplarisch die Stadt Bonn. Dort hat die Siedlungs- und Verkehrsfläche zwischen 1997 und 2001 täglich um 670 Quadratmeter zugenommen, trotz stagnierender Bevölkerung nahm die Zahl der Wohngebäude zwischen 1968 und 1987 um rund 10.000 zu.
„Best Practice „-Modelle verdeutlichen, dass man mit dem knappen Gut Fläche auch sparsamer umgehen kann. Der vor 21 Jahren von ein paar Wissenschaftlern und Studenten gegründete Wissenschaftsladen Bonn sieht sich als Einrichtung des Wissenstransfers und geht gesellschaftlichen und ökologischen Fragestellungen nach. „Wir wollen mit Umweltschützern, Regionalplanern, Lehrern und Schülern kooperieren und zu einem lebendigen Wissenschaftstransfer anregen,“ sagt Projektleiter Theo Bühler. Die Website sei dafür Informations- und Diskussionsplattform zugleich.
Das ZFL reizt die methodische Seite des Projekts. „Wir arbeiten mit Bilddaten des Satellitensensors Landsat. Diese Aufnahmen müssen wir möglichst gut zusammensetzen und automatisch klassifizieren, damit wir ein genaues, flächendeckendes Bild der Landnutzung erhalten“, erklärt Leiter Matthias Braun. Aus dem All ließen sich abgeerntete Felder und städtische Flächen nämlich nur schwer unterscheiden. Manchmal müssten die Forscher mit der Kamera vor Ort fahren und abfotografieren, wie die Landnutzung dort aussieht. Zur Zeit basteln sie mit Kollegen der Uni Jena und Industriepartnern an einer Software, die Satellitenbilder automatisch auswerten kann. Dann ließe sich erkennen, wenn Landwirte betrügen und auf angeblich stillgelegten Flächen doch Weizen oder Mais anbauen. HOLGER ELFES