: Die Gaza-Geständnisse
FRONTBERICHTE Israelische Soldaten beschreiben rücksichtslosen Gewalteinsatz ihrer Armee im Gazastreifen
JERUSALEM taz | Unproportionaler Gewalteinsatz ohne Rücksicht auf Zivilisten, Vandalismus sowie der Einsatz von weißem Phosphor zählen laut Aussagen von israelischen Soldaten zu den schlimmsten Vergehen ihrer Armee während des Gazakrieges Anfang des Jahres. Die Initiative ehemaliger Soldaten „Das Schweigen brechen“ hat jetzt Interviews mit 30 jungen Männern veröffentlicht, die während der Militäroperation im Gazastreifen eingesetzt waren. Ein Armeesprecher nannte den Bericht „zweifelhaft“, da er sich bis auf eine Ausnahme ausschließlich auf anonyme Aussagen stützt.
Die meisten Berichte konzentrieren sich auf die Atmosphäre unter den Soldaten und ihre ständige Schießbereitschaft sowie die breit angelegte Zerstörung teils kompletter Wohnviertel. In den Interviews geht es auch um Angst wie um die Machtgefühle der Soldaten, die „keine Sondergenehmigung brauchten, um abzudrücken“.
Ein Armeesprecher kritisierte, dass eine Menschenrechtsorganisation erneut sehr allgemein gehaltene Zeugenaussagen verbreite, ohne der Armee die Gelegenheit zu geben, noch vor Veröffentlichung „die Details und ihre Glaubwürdigkeit zu überprüfen“. Soldaten, die Zeugen von Gewalt oder anderen Vergehen geworden seien, sollten ihre Aussagen vor den zuständigen Stellen machen, wo sie „angemessen untersucht und behandelt werden können, anstatt sich hinter anonymen Aussagen zu verstecken“.
Die Menschenrechtsinitiative, die den Bericht herausgegeben hat, argumentiert, dass die große Mehrheit in Israel „bis heute keine Vorstellung davon hat, was wirklich passiert ist“, und fordert eine öffentliche Debatte über das Verhalten der Armee. Der Bericht reiht sich in den wiederholten Vorwurf der Kriegsverbrechen ein, den verschiedene Menschenrechtsorganisationen gegen die israelische Armee erhoben haben. Eine von der UN eingesetzte Untersuchungskommission will im Herbst ihre Ergebnisse veröffentlichen. SK
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