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Archiv-Artikel

Koffein für Hemelingen

Beck’s verkauft Coca an Cola, weil InBev sich auf Bier konzentriert. Die Limo-Produktion soll künftig zentral gesteuert werden. Konzernchef Isdell strukturiert weltweit um, Bremen ist nur der Anfang der deutschlandweiten Abfüller-Aufkäufe

Das Dosenpfand hat Coca-Cola elf Prozent Getränkeabsatz gekostet

Bremen taz ■ Seit über 50 Jahren wird in Bremen Coca-Cola abgefüllt, heute von der Bremer Erfrischungsgetränke GmbH (Erfrig). Coca-Cola ist nun am Kauf der Erfrig interessiert, meldete die Financial Times Deutschland vergangene Woche. Und der belgische Bier-Riese InBev will die Erfrig verkaufen, um sich auf das Brauen zu konzentrieren.

In Bremen ist die Erfrig zuständig für das Abfüllen der Getränkepalette um Coca-Cola. Dabei wird ein Sirup-Konzentrat des Mutterkonzerns im Bremer Werk mit Wasser und Kohlensäure gemischt. Seit 1981 gehört der Coca-Cola-Konzessionär zu Beck & Co, die 2002 von Interbrew gekauft wurden. 2004 fusionierten die Belgier mit der brasilianischen Ambev-Gruppe und sind seitdem unter dem Namen InBev der weltgrößte Bierkonzern.

Bereits Ende 2004 hat Coca-Cola erste Gespräche mit allen acht deutschen Konzessionären geführt, nun scheinen die Verkaufsverhandlungen mit InBev kurz vor dem Abschluss zu stehen: „Die Gespräche sind im finalen Stadium“, meldete die Financial Times Deutschland.

Coca-Cola strukturiert den gesamten Konzern um, spätestens seit E. Neville Isdell 2004 aus der Rente zurückgerufen wurde, um als Unternehmenschef Coca-Cola zu sanieren. Der neue Verwaltungsratsvorsitzende war 2001 als Chef einer Coca-Cola-Tochter in den Ruhestand getreten und ist nach seiner Rückkehr besonders unzufrieden mit der Deutschland-Bilanz. Daher will er in Deutschland künftig nur noch mit der konzerneigenen Coca-Cola GmbH zusammenarbeiten.

Hierzulande verkaufte Coca-Cola 2004 elf Prozent weniger Erfrischungen als im Vorjahr, hauptverantwortlich ist wohl die Einführung des Dosenpfands. Seither sind die Getränke aus Atlanta in vielen Supermärkten nicht mehr vertreten, weil die Softdrinks nicht in die verschiedenen Pfandflaschen der Supermarktketten gefüllt werden sollten.

Doch der 60-jährige Ire Isdell schiebt die Schuld an den Marktanteil-Verlusten etwa gegenüber dem kooperativeren Konkurrenten Pepsi auf die unabhängigen Lizenz-Abfüller. Die Financial Times Deutschland zitiert den Konzern-Boss, das deutsche Vertriebsnetz sei „katastrophal“, sogar „bis zu einem gewissen Grad zerstört“.

Die Planungen von Coca-Cola sprechen eine andere Sprache: Wer – auch in Bremen – zu den Discountern Plus oder Lidl geht, kann dort nach zwei Jahren Pause wieder Coca-Cola kaufen. Das bestätigte der taz die Berliner Deutschland-Zentrale. Außerdem würden auch mit Norma und Penny Gespräche geführt, entgegen Berichten der Wirtschaftswoche aber – wie bisher – nicht mit Aldi. Möglich gemacht hatte diesen Schritt die Novellierung der Verpackungsverordnung.

Die Unzufriedenheit in der US-Zentrale könnte den Konzern einiges kosten. Der Lizenz-Vertrag mit der Erfrig läuft bis 2010, andere Abfüller haben noch Laufzeiten zwischen 2006 und 2011. Zwar schätzen Branchenkenner den bevorstehenden Verkauf des Bremer Abfüllers als gutes Zeichen für die Verhandlungen mit anderen Konzessionären, aber im Gegensatz zu den anderen Coca-Cola-Regionalversorgern sind für die Brauer von InBev alkoholfreie Getränke ohnehin nicht das Kerngeschäft. Einnahmen aus dem Erfrig-Verkauf könnte InBev wohl gut für Investitionen im umkämpften deutschen Biermarkt gebrauchen. Und Coca-Cola wird Großzügigkeit nachgesagt, wenn es um derartige Übernahmen geht.

Die Erfrig beliefert Nordwestdeutschland mit den Coca-Cola-Getränken. Die anstehende Zentralisierung des Limo-Konzerns finde aber lediglich auf der Ebene der Entscheidungsträger statt, die Abfüllung vor Ort bleibe bestehen, war aus Berlin zu erfahren. Etwa 400 Beschäftigte arbeiten im Betrieb der Erfrig in Hemelingen. Für deren Zukunft wollte die Berliner Coca-Cola-Zentrale ebenso keine Garantien geben wie für die der rund 4.000 Beschäftigten aller deutschen Konzessions-Abfüllbetriebe. Andererseits werden die Beschäftigten der Cola-Fabriken von der Coca-Cola GmbH genauso gebraucht wie von der Erfrig.

Matthias Krämer