Iraks Parlament wählt Präsident

Sunnit Hassani ruft Abgeordnete zu zügiger Arbeit auf. Wahl des Staatspräsidenten voraussichtlich am Mittwoch. Aufständische überfallen Gefängnis Abu Ghraib

BAGDAD ap ■ Zwei Monate nach der Wahl im Irak hat das neue Parlament eine erste Personalentscheidung getroffen. Die Abgeordneten wählten gestern den Sunniten Hadschim al-Hassani zum Parlamentspräsidenten und beendeten damit das wochenlange Tauziehen. Als seine Stellvertreter wurden der Schiit Hussein al-Schahristani und der Kurde Aref Taifur bestimmt. Die Wahl eines Staatspräsidenten, voraussichtlich wird dies der Kurde Dschalal Talabani, dürfte sich erneut bis Mittwoch verzögern.

Mit Blick auf wachsende Kritik an der schleppenden Arbeit des Parlaments rief al-Hassani die Abgeordneten auf, für „das Land und das Volk“ zusammenzuarbeiten und sich nicht ihrer Partei oder Volksgruppe verpflichtet zu fühlen. „Wenn wir unsere Pflichten vernachlässigen und versagen, schaden wir uns selbst, und das Volk wird uns durch andere ersetzen.“ Es sei Zeit, das „geduldige irakische Volk mit Würde zu behandeln“. Der bisherige Industrieminister al-Hassani gehört zur Minderheit der Sunniten, die die Wahl am 30. Januar weit gehend boykottiert hatte und deshalb im Parlament unterrepräsentiert ist. Vor allem Sunniten, die den Irak unter Saddam Hussein dominierten, tragen den Aufstand gegen die US-Besatzungstruppen und die Übergangsregierung.

Nach der erwarteten Wahl Talabanis zum Staatspräsidenten hat dieser zwei Wochen Zeit, um einen Ministerpräsidenten zu ernennen. Designiert für das Amt ist der Schiit Ibrahim al-Dschaafari. Anschließend hat das Parlament Zeit bis Mitte August, um eine Verfassung zu erarbeiten, die den Weg für Neuwahlen und eine dauerhafte Regierung freimacht.

Bei einem Angriff auf das Gefängnis Abu Ghraib sind 44 US-Soldaten und 13 Häftlinge verletzt worden. Aufständische beschossen die Gefängnisanlage im Westen der irakischen Hauptstadt Samstagabend mit Raketen und zündeten zwei Autobomben. US-Soldaten erwiderten nach Armeeangaben das Feuer. Unklar war, ob die Rebellen einige der 3.446 dort festgehaltenen Gefangenen befreien wollten. Es gelang ihnen nicht, die Mauern zu überwinden. Im vorigen Jahr war ein Skandal über Misshandlungen irakischer Gefangener durch US-Soldaten in Abu Ghraib bekannt geworden.