Nicht jede Hilfe hilft

„Gemeinsam für Menschen in Not“ warnt vor sozial ungerechtem Wiederaufbau nach dem Tsunami

BERLIN taz ■ Beim Wiederaufbau der vom Tsunami zerstörten Gebiete sollten ungerechte Strukturen in den Katastrophenländern nicht wieder aufgebaut werden. Dies forderte das Bündnis „Gemeinsam für Menschen in Not“ gestern in Berlin. Die fünf darin zusammengeschlossenen Hilfsorganisationen – Brot für die Welt, medico international, misereor, terre des hommes und die Deutsche Welthungerhilfe – zogen nach 100 Tagen eine Bilanz der Hilfe.

„Uns ist wichtig, dass beim Wiederaufbau die herrschenden Machtstrukturen in den Ländern nicht verstärkt werden, sondern vor allem den Ärmsten geholfen wird“, sagte Cornelia Füllkrug-Weitzel vom protestantischen Hilfswerk Brot für die Welt. Sie kritisierte, dass in Indien Kastenlose von den Behörden ignoriert und gegenüber Hilfsorganisationen nicht erwähnt würden. Oft werde den Ärmsten nicht geholfen, weil sie als wirtschaftlich uninteressant gelten.

„Es darf nicht über die Betroffenen hinweg entschieden werden“, forderte Martin Bröckelmann-Simon vom katholischen Hilfswerk misereor. Er verwies auf die Notwendigkeit, neben den betroffenen Küsten auch dem jeweiligen Hinterland zu helfen, um soziale Spannungen nicht zu verschärfen.

Harsha Navaratne von der sri-lankischen Sewalanka Foundation kritisierte, dass in seinem Land der Wiederaufbau auf Kosten der Betroffenen erfolge. So würden an strandnahen Orten jetzt Hotels gebaut, wo zuvor Fischer gelebt hätten. Er forderte, jetzt nicht zu sehr auf den Tourismus zu setzen.

Nach der direkten Nothilfe folgt nun die Phase des Wiederaufbaus. Die Deutschen spendeten nach dem Tsunami etwa eine halbe Millarde Euro. Die gleiche Summe versprach die Bundesregierung an Wiederaufbauhilfe. Hans-Joachim Preuß von der Deutschen Welthungerhilfe fürchtet, dass dieses Geld nicht die Betroffenen erreicht, sondern in den Staatsapparaten versickern könnte. Er appellierte deshalb an die Bundesregierung, das noch nicht verteilte Geld nichtstaatlichen Organisationen zukommen zu lassen.

Misereor-Geschäftsführer Bröckelmann-Simon kritisierte, dass manche Hilfsorganisationen mit unabgesprochenen Maßnahmen lokale Märkte zerstörten und Preise hochtrieben. Namen wollte er aber auf Nachfrage nicht nennen. Die Konkurrenz der Organisationen zeigte sich gestern auch darin, dass das Bündnis „Deutschland hilft“ genau zeitgleich eine Pressekonferenz abhielt. „Deutschland hilft“ erhielt Spenden von 125 Millionen Euro, „Gemeinsam für Menschen in Not“ 45 Millionen.

HEIDE GENTNER