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Archiv-Artikel

Bundesregierung überlebt FPÖ-Spaltung

Österreichs Bundeskanzler Schüssel will mit Jörg Haiders neuem „Bündnis Zukunft Österreich“ weitermachen. Neuwahlen wären ein zu großes Risiko. Unklar ist jetzt noch, wie viele Landesorganisationen der FPÖ auf den neuen Kurs einschwenken

AUS WIEN RALF LEONHARD

„Diese Bundesregierung ist im Amt. Diese Bundesregierung wird weiter arbeiten für Österreich.“ ÖVP-Fraktionschef Wilhelm Molterer beseitigte gestern vor der Plenarsitzung im Nationalrat jeden Zweifel an der Bereitschaft seiner Partei, mit dem alten FPÖ-Team im neuen, orangenen Gewand weiterzuregieren. Jörg Haider hatte am Montag die Gründung einer neuen Bewegung namens „Bündnis Zukunft Österreich“ bekannt gegeben. Seine neue Kreation besteht neben den freiheitlichen Regierungsmitgliedern und fast allen Nationalratsabgeordneten vor allem aus der bisherigen FPÖ Kärnten. Den Vorsitz wird er übernehmen und einen geschäftsführenden Obmann einsetzen, um in Kärnten Landeshauptmann bleiben zu können.

Bundeskanzler Wolfgang Schüssel zögerte nur kurz, bevor er das Koalitionsbündnis mit dem neuen politischen Akteur bestätigte. Es sei „ein schwieriger Schritt und eine dramatische Entwicklung“, räumte er gestern ein, doch nach internen Beratungen habe sich die ÖVP gegen die von der Opposition geforderten Neuwahlen entschieden.

Auch die Ministerkollegen der ÖVP sehen keinen Anlass, die Koalition in Frage zu stellen. Der bisherige FPÖ-Fraktionschef Herbert Scheibner erklärte, die Abgeordneten hätten sich ohne Gegenstimme zur Unterstützung des Regierungsprogramms bekannt. Allerdings gab es zwei Enthaltungen. Im Nationalrat müssten sechs der achtzehn Abgeordneten abspringen, damit die Regierung platzt.

Im Bundesrat, der Länderkammer des Parlaments, verliert die Regierung ihre bisherige Mehrheit. Denn drei der fünf FPÖ-Abgeordneten bleiben bei der FPÖ. Der Bundesrat kann Beschlüsse des Nationalrats nicht verhindern, aber verzögern.

Schüssels Entscheidung überrascht wenig, denn Neuwahlen wären für ihn wie den Koalitionspartner ein großes Risiko. Allerdings bezweifelt nicht nur die Opposition, dass das neue Bündnis bis zum Ende der Legislaturperiode im Herbst 2006 durchhält. Jörg Haider gilt als zu sprunghaft. Viel wird davon abhängen, wie viel Substanz das BZÖ von der FPÖ absaugen kann. Bisher ist ungeklärt, wie viele der Landesorganisationen sich der Abspaltung anschließen werden.

Heinz-Christian Strache, Chef der Wiener FPÖ, will sich auf dem Sonderparteitag am 23. April zum Obmann wählen lassen. „Auf mich kann man sich verlassen“, verkündete er gestern. Auch er war von Haider überrumpelt worden. Vorerst kann er auf die Obleute der Landesparteien von Wien, Niederösterreich, Tirol und Salzburg zählen. Die Infrastruktur samt Personal würde der Rumpfpartei erhalten bleiben. Auch die Parteienförderung bleibt vorerst bei der FPÖ.

Experten glauben, dass zwei Parteien am rechten Rand nicht überleben können, da sie um die Stimmen desselben Wählersegments buhlen. Denn ideologisch gibt es keine nennenswerten Unterschiede. Uneinigkeit herrscht bei den Beobachtern darüber, ob Haider seine neue Bewegung konsolidieren kann oder ob die FPÖ sich mittelfristig durchsetzt.