: Verkettung unglücklicher Umstände
UNFALL Im Prozess um die Bruchlandung des Wasserflugzeuges im Hamburger Hafen tritt zutage, dass Warnsysteme nicht funktionierten. Hektik führte wohl dazu, dass der Pilot das Fahrwerk vergaß
WOLFRAM MASCHKE, ANWALT
Dass ihm bei der Landung im Baakenhafen der Hamburger Hafencity am 22. August 2009 ein Fehler unterlaufen sein muss, ist dem Wasserflugzeug-Piloten Nikolaj von W. bewusst. Schließlich überschlug sich der Amphibien-Flieger, da das Fahrwerk noch ausgefahren war. Zwei Menschen ertranken in der kopfüber in der Elbe versunkenen Cessna T 208H. Dass es aber zum Unglück nach einem Tankstopp auf dem Hamburger Flughafen kam, sei auch eine Verkettungen unglücklicher Umstände gewesen. „Die Sicherheitsparameter haben nicht gegriffen“, sagte Wolfram Maschke, der W. vor dem Hamburger Amtsgericht gegen den Vorwurf der fahrlässigen Tötung verteidigt.
So habe von W. während des Starts aus dem Airport-Tower die Anweisung bekommen, schon in 200 Fuß Höhe eine Linkskurve zu fliegen, um den Luft-Korridor für freizumachen. Deshalb habe er hektisch auf „Hamburg Radar“ und dann auf den Kanal der Wasserflugstation umschalten müssen. „Ich habe deshalb eine Fluggeschwindigkeit von 50 Knoten nicht überschritten“, sagt von W.. Das würde erklären, warum bei der Landung in Sinkflug das akustische Warnsystem nicht reagierte, das normalerweise über die jeweilige Stellung des Fahrwerks informiert. Denn das springt erst an, wenn vorher eine Fluggeschwindigkeit von 85 Knoten überschritten worden ist.
Optisch habe für ihn der Fahrwerks-Hebel die Position „eingefahren“ gehabt, beteuert der Pilot. Es könne allerdings passieren, so erläutert wenig später Heiko H., „Leiter Flugbetrieb“ von Clipper Aviation, denen die Cessna gehört, dass der Hebel nicht arretiert war. Dies könne der Grund dafür sein, warum die grünen Warnleuchten nicht funktionierten und Pilot von W. die blauen Leuchten für eingefahrenes Fahrwerk irrtümlich „wahrgenommen“ habe. Auch die mechanische Anzeige am linken Schwimmern kann unfreiwillig verstellt worden sein, wenn ein Fluggast beim Einsteigen nach dem Stopp daraufgetreten sei.
Da die Kanzel des Fliegers nach der Bruchlandung in wenigen Sekunden voll Wasser lief, kam für das Ehepaar Cornelia und Günter M. aus Ganderkesee, die auf der Passagierbank angegurtet waren, jede Hilfe zu spät. Denn die herbeigeeilten Erst-Helfer konnten bei ihren unzähligen Tauchgängen „im Wasser nichts sehen, sich nur herantasten“, wie mehrere Zeugen sagten.
Lediglich Nikolaj von W. war es einmal gelungen, durch Pilotentür in die Kanzel zu kommen und einen Passagier zu fühlen. „Ich war nicht in der Lage, ihn nach vorne zu ziehen“, sagte vor Gericht . Eine Befreiung durch die hinteren Nottüren war unmöglich, da diese nur von innen zu öffnen sind. Der Prozess wird mit Gutachtern fortgesetzt. KAI VON APPEN