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Archiv-Artikel

Die letzte Niederlage

Bremen ist juristisch ausgelöscht – als Firmensitz von Hapag-Lloyd. Damit ist der Hamburger Durchmarsch in der früheren Konkurrenz der Reederei-Giganten auch symbolisch perfekt

Von Henning Bleyl

Der Todesstoß war nicht einmal mehr eine Mitteilung wert: Bremen ist juristisch ausgelöscht. Gelöscht als Firmensitz von Hapag-Lloyd.

Das Hamburger Unternehmen hat seinen alten Konkurrenten damit ebenso endgültig wie klammheimlich über Bord geworfen. Für Vorstandschef Michael Behrendt „ein rein rechtlicher Vorgang“, der eher zufällig am Rand der diesjährigen Bilanzpressekonferenz bekannt wurde.

Denn dort ging es eigentlich nur um schöne Zahlen: Mit 2,7 Milliarden Euro Umsatz wurde das Vorjahr um 12,5 Prozent getoppt, 2,4 Millionen erfolgreich verschiffte Container ließen das internationale Mitbewerberfeld alt aussehen. Und Bremen? Ist sowieso schon aus dem Rennen. Nach 113 Jahren heißer Konkurrenz auf hoher See fusionierten die Reederei-Giganten Norddeutscher Lloyd (Bremen) und „Hamburg-Amerikanischen Packetfahrt-Actien-Gesellschaft“ bereits 1970, behielten aber zwei Firmensitze. Wobei sich das Geschäft zunehmend nach Hamburg verlagerte.

In Bremen ist der Vorgang als „Hapag-Lloyd-Syndrom“ sprichwörtlich geworden. Die Befürchtung, bei gemeinsamen Unternehmungen früher oder später den Kürzeren zu ziehen, wurde erst jüngst bei der heiß umstrittenen Zusammenlegung der Sparkassen wieder spürbar. Denn: Was nützt es, mit drei flüchtigen Bundesligapunkten vor dem HSV zu stehen, wenn alle ökonomischen Fakten für Hamburg sprechen? Von knapp 4.000 Hapag-Lloyd-MitarbeiterInnen sitzen nur noch 13 in Bremen, die Steuern werden längst an der Elbe gezahlt.

Hintergrund der jetzigen Firmensitzlöschung ist offenbar der geplatzte Börsengang von Hapag-Lloyd. Der machte einen Neueintrag im Handelsregister erforderlich, was wiederum den Nachweis regelmäßiger Vorstandssitzungen an beiden Standorten voraussetzte.

Die aber hatte es in Bremen zuletzt vor zehn Jahren gegeben. Auch sonst erinnert dort nur noch wenig an das früher zu den weltweit wichtigsten Reedereien zählende Unternehmen: Die schlossartige Lloyd-Zentrale in der Innenstadt ist durch den Krieg ausradiert, im neobarocken Prachtbau hinterm Bahnhof, der ehedem als Gepäckzentrale fürs Auswanderergeschäft diente, ist die TUI-Tochter „TQ 3“ mit ihrem Manager-Reiseservice einquartiert. Denn mittlerweile ist auch Hapag-Lloyd eine TUI-Tochter.

Wenigstens auf dem Wasser konnte sich Bremen vor kurzem noch einmal behaupten. Hapag-Lloyd hatte versucht, den Oceanliner „Bremen“ meistbietend abzustoßen. Ein aus Bremer Sicht besonders perfider Vorgang: Schließlich war die legendäre „Bremen“-Reihe explizit als Trumpf gegen die Hamburger Konkurrenz auf Kiel gelegt worden. Doch wenigstens die kreuzfahrenden Stammgäste bewiesen Geschichtsbewusstsein. Die Verkaufspläne lösten einen derart „wahnsinnigen Buchungsandrang“ aus, wie ein Unternehmenssprecher bestätigt, dass das Schiff bei Hapag-Lloyd blieb.