1. FC Freihandel gegen Hungerleider ’05

Wider die Herrschaft der Neoliberalen: Bürgerrechts- und Entwicklungsorganisationen veranstalten ab heute die erste weltweite Aktionswoche für globale Gerechtigkeit. Hoffnung auf zehn Millionen Teilnehmer. „Unfaires Fußballspiel“

BERLIN taz ■ Die Handelspolitik wird international gestaltet, und die Nichtregierungsorganisationen wollen dem nicht nachstehen. Erstmals ist es zivilgesellschaftlichen Organisationen aus 70 Ländern gelungen, sich weltweit zu koordinieren und schon im Vorfeld verschiedener Wirtschaftsgipfel die Initiative zu ergreifen.

Zu den Großveranstaltungen der Regierungen gehören der G-7-Gipfel im Juli in Schottland, die UN-Folgekonferenz zu den Millenniumszielen im September in New York und die nächste Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation (WTO) im Dezember in Hongkong. Auf allen drei Treffen sollen entwicklungspolitische Themen eine große Rolle spielen. In Schottland wird es um neue Methoden zur Finanzierung beispielsweise der Aidsbekämpfung gehen. In New York wird überprüft, wie weit die 2000 festgelegten Ziele zur Minderung der weltweiten Armut eingehalten werden. In Hongkong will man die Welthandelsgespräche, die unter dem Stichwort „Entwicklungsrunde“ laufen, wieder in Gang bringen.

„Wir wollten gleich zu Beginn dieses für die Armutsbekämpfung so wichtigen Jahres aktiv werden, unseren eigenen Termin und unsere eigene Agenda setzen“, sagt Martin Gordon von Christian Aid in London. Die Idee einer weltweiten Aktionswoche für globale Gerechtigkeit wurde vor eineinhalb Jahren auf einem Treffen vor allem kirchlicher Gruppen in Neu-Delhi entwickelt und auf dem Weltsozialforum im Januar 2004 in Mumbai einem internationalen Publikum vorgestellt. „Unser Ziel ist, die Herrschaft der Neoliberalen zu beenden“, heißt es lapidar im Protokoll der Konferenz von Delhi. Durch die „größte weltweite Mobilisierung aller Zeiten“ soll das Recht eines jeden auf ausreichende Ernährung, Gesundheitsversorgung und Bildung erkämpft werden.

Es sei eine ziemliche Herausforderung gewesen, Leute unabhängig von einem großen Event zu mobilisieren, erzählt Gordon. Aber nun rechnet er mit bis zu zehn Millionen Menschen, die an den zahlreichen dezentralen Aktionen teilnehmen dürften – einer Fastenaktion am Montag etwa, um an die Hungernden in der Welt zu erinnern, an den Demonstrationen in den Hauptstädten sämtlicher indischer Bundesstaaten, an einer Nachtwache vor dem Sitz des britischen Premierministers in der Londoner Downing Street oder an einem Marsch von landlosen Bauern nach Brasília.

In Deutschland beginnt die Aktionswoche bereits heute Abend mit einer Auftaktkonferenz über Welthandelsthemen in Bonn. Weltweit geht es am Sonntag mit einer vom Ökumenischen Rat der Kirchen verfassten Predigt los, die in aller Welt verlesen wird. Es folgen Veranstaltungen zu den verschiedenen Themenkomplexen – den Auswirkungen neoliberaler Politik auf die Menschen in Entwicklungsländern etwa, den Knackpunkten der aktuellen WTO-Verhandlungen, den Folgen der Marktöffnung der Wasserversorgung. In Berlin endet die Aktionswoche am 16. April unter anderem mit dem „unfairen Fußballspiel“ des 1. FC Freihandel gegen die Hungerleider ’05, die leider vor einem durch Handelsbarrieren verrammelten Tor stehen. LIEB