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Archiv-Artikel

Vom Kriegsende in Bremen

„Jede Stunde dem Schicksal entronnen“, so ist das nun in der Edition Temmen herausgegebene Brieftagebuch von Magdalene Kripper überschrieben. Es ist eine überaus anschauliche Schilderung der letzten Kriegswochen und der Befreiung in Bremen, lebendig gerade durch die Nähe zur Adressatin, der blinden Schwester, die aus Bremen in die Oberlausitz geflohen ist. Man erfährt viel von den Nächten im Bunker, der Zerstörung der Stadt, der ersten Begegnung mit englischen Soldaten.

Die Lehrerin Magdalene Krippner ist keine Parteigängerin der Nazis, aber auch kein Viktor Klemperer. Sie reflektiert nicht über den Nationalsozialismus, auch nicht über eigene Schuld. Nur kurz blitzt das Bewusstsein der eigenen Verstrickung auf: Als sie ihre Vorbehalte gegenüber den farbigen Besatzungssoldaten, die „niemandem etwas tun“ als Folge nationalsozialistischer „Erziehung zum Rassenbewusstsein“ erkennt. So bleibt die Briefsammlung in den Grenzen einer – auch durch die reiche Fotoausstattung anschaulichen – Alltags-Schilderung. Und ist in dieser Beschränkung charakteristisch für die deutsch Mehrheit nach Kriegsende.

Daniel Tilgner (Hrsg.), Jede Stunde dem Schicksal abgestohlen. Das Brieftagebuch der Magdalene Krippner vom Kriegsende in Bremen 1945. Edition Temmen.