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Archiv-Artikel

Fanclubs für die Landespolitik

Vom Hacklschorsch bis Ludger Beerbaum: Promis spannen sich vor der Landtagswahl vor den Karren der Parteien und gründen Wählerinitiativen. PR-Experten aber zweifeln an der Wirkung der Reklame

AUS DÜSSELDORFKLAUS JANSEN

Sie heißen „Wähler für den Wechsel“ oder „Bauern für Bärbel“, und die Kandidaten setzen große Hoffnungen in sie. Im Landtagswahlkampf gründen sich rund um die großen Parteien Wählerinitiativen, in denen mehr oder minder prominente Menschen ihr Geld und ihren Namen für oder gegen die Landesregierung in die Wagschale werfen. Doch Wahlkampfexperten warnen davor, die Wirkung der neuen Polit-Fanclubs zu überschätzen: „Das ist Beiwerk und wird die Wahl nicht entscheiden“, sagt Michael Spreng, vor wenigen Monaten geschasster Wahlkampfmanager von CDU-Chef Jürgen Rüttgers zur taz. Und Matthias Machnig, Leiter der 1998er Bundestagswahl-„Kampa“ von Gerhard Schröder, warnt: „Solche Kampagnen dürfen nicht zu Pflichtveranstaltungen verkommen“.

Düsseldorf am vergangenen Mittwoch: Constantin Freiherr von Heeremann, ein 74-Jähriger mit dicker Hornbrille und breitem Schnauzbart, erzählt von früher: „Ich erinnere mich noch an die Regierung Meyers. Die hat unheimlich viel für NRW getan“, sagt der langjährige deutsche Bauernpräsident. Heeremann Gedächtnis reicht weit: Franz Meyers, den der Freiherr so lobt, war der letzte CDU-Regierungschef in Nordrhein-Westfalen. Seine Amtszeit endete 1966.

Freiherr von Heeremann engagiert sich in der Initiative „Wähler für den Wechsel“, die es sich zum Ziel gemacht hat, die 39-jährige SPD-Dominanz in Nordrhein-Westfalen zu beenden. In den kommenden Wochen wollen die Initiatoren Geld sammeln und großflächige Zeitungsanzeigen schalten, die für einen Machtwechsel werben. Die Motive sind vielfältig: „Man darf nicht vergessen, dass wir in einem christlichen Abendland leben“, sagt Freiherr von Heeremann. Und Brigitte Grosse, immerhin stellvertretende Landesvorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds in NRW, begründet ihr Engagement für die Opposition damit, dass „die Landesregierung nicht mehr die Kraft für neue Ideen und politische Ansätze“ habe.

Neben alten CDU-Kämpen und Verbandsfunktionären bieten die „Wähler für den Wechsel“ auch eher unpolitische Unterstützer auf. Der Springreiter Ludger Beerbaum ist dabei, Rennrodler Georg Hackl und Schlagersänger Tony Marshall ebenfalls – auch wenn die beiden NRW eher aus der Ferne betrachten und am 22. Mai als Bayer und Badenser gar nicht erst wählen gehen dürfen. Politikberater Machnig hält diese Zusammensetzung nicht für Erfolg versprechend: „Wenn die Menschen mit NRW nichts zu tun haben, ist das eher eine Peinlichkeit“, sagt er zur taz. Der frühere Rüttgers- und Stoiber-Berater Spreng will die Qualität der Hackls und Beerbaums nicht kommentieren: „Auch wenn ich nicht mehr für Rüttgers tätig bin, bin ich ihm noch zu Loyalität verpflichtet.“

Nicht nur die Opposition, auch die Landesregierung schart in der heißen Wahlkampfphase Fanclubs um sich: Personenkult herrscht dabei um die grüne Ministerin Bärbel Höhn. Etwa 100 LandwirtInnen haben es sich zur Aufgabe gemacht, mit der Initiative „Bauern für Bärbel“ das CDU-lastige Agrarmilieu aufzumischen. Weil hier im Gegensatz zur Kampagne der Opposition aus Finanzgründen auf große Anzeigenaktionen verzichtet werden muss, sind die Initiatoren selbst präsent und treten auf Messen als Wahlkampfhelfer auf.

Auch Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) hat sich eine Boygroup zusammengestellt: Nachdem Bayer-Betriebsratschef Erhard Gipperich mit Kollegen vor wenigen Wochen die „wirtschaftsfeindliche“ Politik vor allem der Grünen kritisiert hatte, lässt der MP eine ebenfalls zu großen Teilen aus Betriebsräten zusammengesetzte „Arbeitnehmerinitiative für Peer Steinbrück“ bezeugen, dass klassische Industriepolitik mit der SPD durchaus noch zu machen ist.

Ob der Aufwand sich lohnt, ist fraglich. „In Prozentpunkten lässt sich die Wirkung nicht messen“, sagt Michael Spreng. Ex-SPD-Bundesgeschäftsführer Machnig rät Steinbrück, vor allem Inhalte nach vorne zu stellen. „Steinbrück hat zwar als Person einen Vorsprung vor Rüttgers, aber er ist nicht Johannes Rau. Der konnte sich hinstellen und „versöhnen statt spalten“ sagen, das hat gereicht.“ Steinbrück müsse seine Persönlichkeit mit Themen unterfüttern, fordert Machnig. Sein Vorschlag: „McKinsey-Gesellschaft mit Schwarz-Gelb gegen Modernisierung mit sozialer Verantwortung mit Rot-Grün.“