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Archiv-Artikel

Der Norden hat ein Rad ab

Fahrradfahren in norddeutschen Städten ist trotz der geografischen Vorzüge ein zweifelhaftes Vergnügen: Es fehlt nicht nur an Radwegen – möglichst ohne Stolperfallen – sondern vor allem am guten Willen der Kommunalpolitik

Von taz

Die Voraussetzungen sind optimal. Keine Berge, frische Brisen für das leichte Atmen und Innenstädte, die weder von Touristen noch von allzu viel Altbauten verstellt werden – Norddeutschlands Städte könnten Paradiese für Radfahrer sein.

Doch wieder holen wir mit dem Frühlingserwachen das angestaubte Rad aus dem Keller – und die Kommunalpolitik hält in Sachen Fahrradfreundlichkeit weiter Winterschlaf. Enge, schlecht gepflegte Radwege, Autofahrer, die sich auch neben der Straße breit machen, nervraubende Ampelschaltungen – das ist das Ergebnis der letzten Umfrage des Allgemeinen Deutschen Fahrrad Clubs (ADFC), der deutschen Pedalritter-Lobby.

Dabei stehen Bremen, Hannover und Kiel mit Rängen unter den ersten zehn gar nicht schlecht da – solange man sie nicht mit der erstplatzierten Stadt Münster vergleicht. Dort werden Radfahrer nicht auf einen schmalen Streifen zwischen Fußweg und Straße verwiesen, sondern dürfen auf eigenen Fahrrad-Highways durch die Stadt flitzen. Einzigartig in Europa ist die Stadtpromenade – ein Straßenring, der ausschliesslich von Radlern befahrbar ist. An Kreuzungen lotsen Fahrradschleusen die Radler vor die Autos, Ampeln schalten für sie eher auf Grün, Schilder weisen ihnen den Weg durch die Stadt. Für diese und andere Annehmlichkeiten erhielt Münster als einzige von 148 getesteten Städte die Note „sehr gut“.

Aktivisten und Verbände fordern deshalb seit langem, mehr Geld für die Rad-Infrastruktur auszugeben. Mit zweifelhaften Erfolg: Investiert wird allerorts in kostenpflichtige Fahrrad-Parkhäuser, häufig an Bahnhöfen, in Hamburg auch auf dem Uni-Gelände. Das freut diejenigen, die ihren kleinen Liebling für längere Zeit alleine lassen müssen. Der Ärger beginnt in dem Moment, wo gleichzeitig kostenlose Stellplätze abgebaut werden, um den Parkhäusern Nutzer zu bescheren. In Bremen beispielsweise darf man abends keinen Zug verpassen, da das Parkhaus wochentags um 22 Uhr, am Wochenende um 20 Uhr schließt. Und an Feiertagen macht es gar nicht erst auf. Weitere unangenehme Einzelheiten haben wir im Folgenden für Sie zusammengestellt. taz