Schily verdirbt den Doppelspaß

Innenminister Schily hat von seinem türkischen Kollegen eine Liste der eingebürgerten Türken mit Doppelpass gefordert. 50.000 „Rückeinbürgerer“ sollen die deutsche Staatsbürgerschaft verlieren

AUS BERLIN NADINE BÖS

Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) hat seinen türkischen Amtskollegen Abdülkadir Aksu dazu aufgefordert, Deutschland eine Liste zu übergeben, die Aufschluss über Rückeinbürgerungen in die Türkei gibt. Nach einem Gespräch zwischen beiden Ministern sagte der Innenminister gestern, es sei nicht hinnehmbar, dass sich Türken nach ihrer Einbürgerung nach Deutschland erneut die türkische Staatsbürgerschaft verschafften – und die deutsche dennoch behielten. „Das können wir nicht akzeptieren.“ Etwa 50.000 Rückeinbürgerern droht derzeit der Verlust der deutschen Staatsbürgerschaft, weil eine doppelte Staatsangehörigkeit nicht erlaubt ist.

Schily sagte, er habe Aksu um ein bilaterales Abkommen gebeten. Dieses soll dafür sorgen, dass die Türkei Deutschland über Rückeinbürgerungen informiert, damit Deutschland diesen Türken die Staatsangehörigkeit entziehen kann. „Im Prinzip steht Herr Aksu einem solchen Abkommen positiv gegenüber“, sagte der Bundesinnenminister. Bis Redaktionsschluss waren die Verhandlungen darüber aber noch nicht abgeschlossen.

Nach den Worten Schilys ist es wichtig zu wissen, wer eine Rückeinbürgerung in die Türkei vollzogen habe, denn diese Menschen seien in Deutschland nicht mehr wahlberechtigt. Der Innenminister ist daher sehr daran interessiert, eine Einigung noch vor der Wahl in Nordrhein-Westfalen zu erzielen. „Es wäre eine ungute Situation, wenn ein Wahlergebnis auf diese Weise ins Zwielicht geriete“, sagte Schily.

Aksu wies darauf hin, dass viele der Betroffenen die türkische Staatsbürgerschaft noch vor dem Jahr 2000 beantragt hätten – zu einem Zeitpunkt, als noch damit zu rechnen gewesen sei, dass die doppelte Staatsbürgerschaft in Deutschland erlaubt werden würde. Die Menschen hätten sich darauf verlassen, ihre deutsche Staatsangehörigkeit nicht durch die erneute Einbürgerung in die Türkei zu verlieren. Die Angelegenheit sei „nicht nur eine technische und eine juristische, sondern auch eine menschliche.“

Schily entgegnete, dass politische Absichtserklärungen kein verbindliches Recht seien. Weder nach altem noch nach neuem Gesetz hätten Rückeinbürgerer in die Türkei die Erlaubnis gehabt, die deutsche Staatsangehörigkeit zu behalten. Um „soziale Härten“ zu vermeiden, sei es aber möglich, dass diese Menschen innerhalb eines halben Jahres eine Aufenthaltserlaubnis für Deutschland beantragen können. „Es geht dabei aber nicht um Wiedereinbürgerungen“, erklärte er. Er werde kein Abkommen mit Aksu schließen, das Wiedereinbürgerungen nach Deutschland erlaube.