U-BAHN-KOMMUNIKATION : Njet, njet, njet
Zweimal muss ich umsteigen, wenn ich von Friedrichshain nach Lichterfelde fahre. Seitdem eine Freundin dorthin gezogen ist, kenne ich die Strecke ganz gut. In der U5, es war halb acht am Abend, starrten die Fahrgäste, die ich sah, auf ihre Handys und iPods. Ich hätte nackt mit einer Schubkarre einsteigen können, niemand hätte es bemerkt. Bei der Durchsage: „Achten Sie beim Ausstieg auf den Höhenunterschied zwischen Zug und Kante“, fragte ich mich, ob neuerdings mehr Fahrgäste zwischen Zug und Kante geraten und mit ihnen ihre Handys und iPods. Bei den folgenden S-Bahn-Fahrten war es genauso, und ich war froh, als ich mich auf der Geburtstagsfeier in Lichterfelde mit Menschen unterhalten konnte, die mich anschauten und deren Hände Weingläser umfassten.
Auf der Rückfahrt spät in der Nacht wünschte ich mir nichts sehnlicher, als dass sich die Fahrgäste hinter ihren Kommunikationsgeräten verstecken würden. Dann wären mir all die furchtbaren Gespräche erspart geblieben. Da war diese Frau, die von ihrem Freund belabert wurde, damit sie nicht mehr sauer auf ihn wäre. Sie sprachen zwar russisch, aber auch so war klar, dass der Typ wieder mal Scheiße gebaut hatte. Jedem entschiedenen Njet von ihr, begleitet von Schimpfkanonaden, folgten Zudringlichkeiten von ihm, die sie sich gefallen ließ. Ach hätten die sich doch per SMS verständigt!
Den Rest gaben mir eine junge Frau und zwei junge Männer in der U5. Der eine, Freund der Frau, hatte die Jogginghosen bis zu den Knien hochgerollt, sodass die blassen Tätowierungen auf seinen blassen Waden zu sehen waren. Er räkelte sich auf der Sitzbank, als läge er im Bett, und lieferte sich mit seinem Kumpel Wortgefechte, in denen es um Pimmel, Schwanz und Ficken ging. Wahrscheinlich mussten sie miteinander sprechen, weil Handywörterbücher solche Begriffe nicht kennen.
BARBARA BOLLWAHN