: Bodo und Tante Ilse
Der Torhüterpaar Bianca und Bodo Illgner war mal Weltmeister und hat keine Angst vor der Literatur
Bodo Illgner hat ein Buch geschrieben. „Alles“ heißt das Werk des Torhüters, der einmal ein Weltmeister war, an den sich aber trotzdem nur mehr wirkliche Fußballchronisten ausführlicher erinnern. Aber Bodo Illgner hat das „Alles“ nicht allein geschrieben. Koautorin war seine Frau Bianca. Aber ohne die konnte der Bodo ja schon zu seiner aktiven Zeit nicht gedacht werden.
Heute wird es im Kölner Geisbockheim, der Vereinsgaststätte von Illgners einstigem Stammverein 1. FC Köln, offiziell vorgestellt. Gestern waren die „deutschen Beckhams“ (so lügt der Verlagstext) schon mal zur Signierstunde in Hamburg. In einer Buchhandlung in einem Einkaufszentrum im Stadtteil Wandsbek. Ohne kreischende Fans. Und selbst der Veranstalter gibt unumwunden zu, mit den Illgners höchstens Dritte-Liga-Prominenz geladen zu haben.
Anders sieht das ein Mittfünfziger mit verblichenem FC-Schal, der glücklich am oberen Ende der Rolltreppe ankommt: „Isch hab ihn gesehn“, verkündet der Exilkölner beseelt. Und dann kommen „Er“ und „Sie“ persönlich. Beide wirken ein bisschen unsicher, einer von ihnen sieht sogar richtig nett aus.
Warum zur Hölle haben sie also dieses „Buch“ geschrieben? Ein Buch, in dem der Bodo, der sich selbst aber Kevin nennt, seitenweise nackte Plattitüden zu erzählen hat. Ein Buch, in dem Bianca, die sich selbst aber Jasmin nennt, seitenweise stereotype Spielerfrauenklischees zum Schlechten gibt: „Ich setzte mich von einem Sofa auf das andere, von einem Sessel in den nächsten. Die Kinder waren in der Schule oder im Kindergarten, und ich konnte nicht reiten. Was sollte ich tun? Einkaufen konnte ich nicht, weil ich nicht schwer heben durfte. Shoppen kam nicht infrage, weil der Kleiderschrank aus allen Nähten platzte. Zum Aufräumen und Putzen hatte ich sowieso keine Lust. Zum Lesen fehlte mir die Ruhe, und ein gescheites Buch hatte ich auch nicht zur Hand.“
Das hat sich jetzt natürlich geändert – die Idee mit dem „gescheiten Buch“ haben Bianca und Bodo nun gemeinsam verwirklicht – immer abwechselnd haben beide ihre Parts geschrieben. Unschwer zu dechiffrieren, wer für was verantwortlich ist.
Prominente Aufschreiber wie Dieter Bohlen, Stefan Effenberg oder Boris Becker sollen übrigens nicht Pate für die Geschäftsidee gestanden haben: „Das sind ja alles Biografien“, so Bianca Illgner. Sie hingegen wollte etwas ganz Neues machen: einen „fiktiven Tatsachenroman“. „Dichtung und Wahrheit“ wurde so was auch schon mal von Nichttorhütern genannt.
Alle fiktiven Tatsachenfiguren im Buch tragen übrigens toll ironische Decknamen, wie Tante Ilse als Tante Käthe.
Aber allzu schwer ist es nicht, Franz Beckenbauer, Berti Vogts und Co. zu entdecken: „Punkt Mitternacht stand Peter Wadenbein auf und sagte: Es ist 24 Uhr. Bitte, meine Damen, verlassen Sie das Hotel. Diejenigen von uns, die die charmante Art von Hans Eckenhauer kennen gelernt hatten, schüttelten verständnislos den Kopf.“
Vielleicht gelingt es ja, mit dem Buch den Zeitgeist zu treffen, meint Bodo Illgner. So ähnlich wie mit Harry Potter, der ja auch „voll eingeschlagen“ habe. Und wenn die Sache gut laufen sollte, dann könne es gar ein zweites Buch geben. So klingen Drohungen.
Oma Ilse ist übrigens gar nicht amused – und hat ihr Erscheinen zur heutigen Präsentation gleich einmal abgesagt. Ebenso Hans Eckenhauer. Peter Wadenbein war gar nicht erst eingeladen.
PATRICK SEIBEL/CLEM
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen