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Archiv-Artikel

27 sind jetzt Pflicht

Bildungsbehörde schreibt große Klassen vor. Pro Anmeldeverbund durfte es nur eine Ausnahme geben

„Da ist eine Sauererei gelaufen“, empört sich ein Schulleiter, der anonym bleiben will. Er meint die neue Art der Verteilung von Erstklässlern auf die Schulen. Als vor einer Woche rund 230 Schulleiter in den 58 neu gegründeten Anmeldeverbünden zusammensaßen, habe die Schulaufsicht die „strikte Vorgabe“ gemacht, dass alle Klassen zwischen 27 und 30 Schüler haben müssen. „Mit 30 Kindern“, so der Rektor, „kann man in einem sozialen Brennpunkt keine Schule machen. Das ist absurd.“

„Die Schulen waren gehalten, die Klassen mit mindestens 27 Kindern aufzufüllen“, bestätigt Dirk Erdmann vom Hamburger Grundschulverband. Dabei sei in jedem der Verbünde nur eine Ausnahme mit weniger Kindern erlaubt gewesen. Noch vor einem Jahr, so erinnert Erdmann, hätten andere Regeln gegolten. Damals konnten alle Schulen auf Grundlage der „Basisfrequenz“ von 24 Kindern generell kleinere Klassen bilden.

Wie es scheint, hat die Bildungsbehörde hier durch die Hintertür eine neue Mindestgröße für 1. Klassen durchgesetzt. So hatte Senatorin Alexandra Dinges-Dierig (parteilos) bei der Bekanntgabe der größeren Klassen im Mai 2004 nur von „Basisfrequenzen“ gesprochen, die besagen, dass beispielsweise 24 statt vormals 23 Erstklässler zusammenkommen müssen, um die Stundentafel abzudecken.

Doch es gab im Dezember 2004 eine kaum beachtete Änderung des Paragrafen 87 des Hamburger Schulgesetzes. Diese gibt nun vor, dass die um drei Schüler höher liegende „Organisationsfrequenz“ erreicht werden muss. Lediglich in der Schuldeputation wurde die Mini-Novelle kurz erörtert, wobei es der Elternkammer gelang, die dort eingeplante erlaubte „Abweichung nach oben“ von 20 Prozent auf 10 Prozent zu drücken.

Alexander Luckow, Sprecher der Bildungsbehörde, wollte gestern „nicht bestätigen“, dass die Schulen diese strikte Vorgabe haben. Er will sich erst am Montag zum Ergebnis der Anmelderunde äußern. Dabei geht es auch um die Frage, wie oft dem Erstwunsch der Eltern bei der Schulwahl entsprochen wurde.

Staatsrat Rainer Schmitz gab gestern in der Bürgerschaft auf Nachfrage der SPD-Abgeordneten Luisa Fiedler „unter Vorbehalt“ bekannt, dass dies bei 95 Prozent der Eltern geschah. Den übrigen fünf Prozent stünden demnach schlechte Nachrichten ins Haus. Kaija Kutter