Regierungskoalition süß-sauer

Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hält das Waffenembargo gegen China für „entbehrlich“. Nicht nur die Opposition sieht das anders – sondern auch die Grünen, große Teile der SPD, die PDS sowie das EU-Parlament

BERLIN taz/dpa ■ Im Streit um das EU-Waffenembargo gegen China bleiben Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und Außenminister Joschka Fischer (Grüne) auf gegensätzlichem Kurs. Schröder nannte das Embargo am Donnerstag im Bundestag „entbehrlich“. Fischer stellte dagegen Bedingungen an China, ohne die die Aufhebung auf EU-Ebene nicht im Konsens zu erreichen sei. Das Europaparlament in Straßburg lehnte gleichzeitig die Aufhebung mit überwältigender Mehrheit und den Stimmen der Sozialdemokraten zum wiederholten Mal ab. Anlass der Bundestagsdebatte war ein Oppositionsantrag, die Regierung solle im Juni beim EU-Gipfel auf eine Beibehaltung des Embargos drängen. Weil die zerstrittene Koalition eine Abstimmung scheute, wurde der Antrag an die Ausschüsse verwiesen.

Schröder argumentierte, es gebe unverkennbar Fortschritte bei der Stärkung der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte. „Das China von heute ist nicht mehr das China von 1989.“ Deshalb hätten die EU-Regierungschefs 2003 beschlossen, auf eine Aufhebung des Embargos hinzuarbeiten. In den vergangenen Jahren sei China ein „enormes politisches und wirtschaftliches Gewicht“ zugewachsen. Er sehe es als seine Aufgabe an, ein solches Land in enger Partnerschaft zu halten, sagte Schröder. Jeder Versuch der Isolation könne dagegen nur in die Irre führen. Eine Ausweitung der deutschen Waffenexporte sei aber nicht geplant. „Deutschland liefert keine Kriegswaffen, kann keine Kriegswaffen liefern und wird keine Kriegswaffen liefern.“

Fischer nannte die Einbindung Chinas „eine der zentralen Stabilitätsfragen im 21. Jahrhundert“. Peking könne erheblich dazu beitragen, dass auf EU-Ebene ein Konsens zur Aufhebung des Embargos erzielt werde. Er nannte die Ratifizierung des UN-Menschenrechtspakts durch den chinesischen Volkskongress, den Einsatz für religiöse Toleranz und langfristige Abschaffung der Todesstrafe. Nötig sei auch die friedliche Beilegung des Taiwankonflikts. Die EU sei bereit, sich zu bewegen, sagte Fischer. Die Bedingungen seien China bekannt.

Der Unions-Außenpolitiker Wolfgang Schäuble (CDU) warnte vor einem Streit mit den USA über die Aufhebung des Embargos. Ein einseitiges Vorgehen der EU könne eine neue transatlantische Krise zum Schaden Deutschlands heraufbeschwören. „Es wäre verheerend, wenn die Europäer in einer solchen Lage einseitig den Amerikanern in den Rücken fallen“, sagte Schäuble. Für CDU-Chefin Angela Merkel spricht nichts dafür, dass die deutsch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen durch eine „vorschnelle“ Aufhebung des Embargos positiv beeinflusst würden. FDP-Chef Guido Westerwelle warf Schröder Scheinheiligkeit vor. RAB

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