: Mit Schmackes übers Denkmal
Adenauer hätte seine helle Freude: Als ein wichtiges „Zeugnis der Architekturgeschichte“ ist die Mülheimer Brücke jetzt zum Denkmal geworden. Wie fast alle anderen Kölner Rheinbrücken auch
VON JÜRGEN SCHÖN
Weltkulturerbe ist sie zwar noch nicht. Aber immerhin hat Köln jetzt ein Denkmal mehr: die 1951 wiedererrichtete Mülheimer Brücke. Wenn das Konrad Adenauer noch hätte erleben dürfen!
Hochhäuser, die den Blick auf Dom und romanische Kirchen versperren, Abriss oder Erhalt der Riphahn-Oper: Darum dreht sich derzeit die Diskussion um das Kölner Stadtbild. Vergessen werden der Rhein und seine Brücken. Um den Blick darauf zu lenken, wurde nun die Mülheimer Brücke als wichtiges „Zeugnis der Technik- und Architekturgeschichte“ unter Denkmalschutz gestellt. „Wenn die Stadt will, gibt‘s dafür auch eine Plakette“, versprach Landeskonservator Udo Mainzer. Er hatte im Auftrag der Stadt das Gutachten erstellt.
Als die Mülheimer 1914 nach Köln eingemeindet wurden, ließen sie sich den Bau einer festen Brücke vertraglich zusichern. Sie sollte eine Schiffsbrücke ersetzen. Der Erste Weltkrieg und die Wirtschaftskrise verzögerten allerdings die Umsetzung des Abkommens. So wurde mit dem Bau erst 1927 begonnen. 1929 übergab sie Oberbürgermeister Adenauer dem Verkehr. Als „unübertroffenes Meisterwerk“ lobte er sie in seiner Festrede und erklärte sie seinerzeit schon zum „Baudenkmal“.
Ursprünglich hatte es eine Bogenbrücke werden sollen, vergleichbar der Südbrücke. Der Bauauftrag war fast schon vergeben. Doch der Kiesboden und damit statische Gründe sprachen dagegen. Zudem bevorzugte Adenauer ohnehin eine Hängebrücke: die sei technisch moderner. Mit diesem Hinweis soll er, so wird kolportiert, auch die Kommunisten im Rat auf seine Seite gezogen haben.
Das Konstruktionsprinzip wurde von der New Yorker Brooklyn-Bridge übernommen. Dort hatte der deutschstämmige Ingenieur John Roebling unterhalb der Fahrbahn erstmals ein Fachwerk aus Eisen zur Versteifung eingebaut. Die Stahlkabel, an denen die Brücke hängt, wurden im Mülheimer Kabelwerk Felten & Guilleaume hergestellt.
Für die Rampe des Mülheimer Brückenkopfs hatte ein großer Teil des barock geprägten Stadtkerns abgerissen werden müssen. Von Widerständen aus der Bevölkerung ist Walter Buschmann, Experte für Technik- und Industriedenkmäler im Rheinischen Amt für Denkmalpflege, indes nichts bekannt: „An einer Verkehrsader zu wohnen, war damals fortschrittlich“. Viele Anwohner konnten in die Buchforster Siedlung „Blauer Hof“ umziehen. Zeitgleich entstanden der Flughafen Butzweiler Hof, die Messe, die MüngersdorferSportanlagen, die Großmarkthallen: Zeichen des wirtschaftlichen Aufschwungs.
Mit ihren 315 Metern Längewar die Mülheimer lange Zeit die größte Brücke auf dem europäischen Festland. 1944 wurde sie bei einem Fliegerangriff zerstört. 1951 konnte der Neubau eingeweiht werden – wieder durch Adenauer. Auch die neue Konstruktion war innovativ: Das Versteifungsfachwerk wurde oben und an den Seiten von einer selbsttragenden „orthotropen“ Fahrbahnplatte aus 12 Millimeter dickem Stahl ummantelt, die für hohe Stabilität sorgt. Optisch änderte sich wenig an der Brücke. Die beiden charakteristischen rahmenförmigen Pylonen mit einer Höhe von knapp 49 Metern sind weithin sichtbar. Zu den beiden geschwungenen Tragkabeln bilden die senkrechten Hängekabel und der schmale, horizontale Fahrbahnkörper einen eleganten Kontrast. Zum festen Stadtbild gehört auch der lichte, stahlgrüne Farbton. Vor allem das Aussehen und die konstruktiven Grundlagen dürfen bei einem nötigen Ausbau der Brücke nur nach gründlicher Abstimmung geändert werden.
Von den acht Rheinbrücken in Köln und Umgebung stehen jetzt nur noch zwei nicht unter Denkmalschutz: die nach Leverkusen führende Autobahnbrücke im Norden – und die Zoobrücke. Letztere wäre es allerdings ebenfalls wert, geschützt zu werden, meint Buschmann: „Mit ihrer assymetrischen Konstruktion auf nur einem Strompfeiler ist sie etwas ganz Besonderes.“ Noch allerdings bestehe kein Handlungsbedarf.