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Archiv-Artikel

Die Tage der freien Republik: Das Wendland im Rückblick

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Unter der Überschrift „Gorleben – 10 Jahre aufmüpfig“ schrieb die taz am 21.2.1987: „Die Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg (BI) feiert ihren zehnjährigen Kampf gegen die Atomindustrie. Gorleben, die niedliche Ecke im Niedersachsen-Winkel, schillerndster Standort aller Atomanlagen in der BRD, Symbol des gewaltfreien und phantasievollen Widerstands, verhätscheltes Wunschkind der Metropolen-Kämpfer/innen, Atomklo der Nation, Prototyp für die fiese Verlogenheit und Korruptheit von Politikern und Landesregierung, Gorleben hat sein Jubiläum. Gefeiert wird wie immer: Mit Gottesdienst und Robert Jungk, Talk-Show und Rock’n’Roll, Literatur- und Filmabend. Motto: „Was man nicht aufgibt, hat man nie verloren“ (Goethe).“

1977 hatte der damalige niedersächsische Ministerpräsident Ernst Albrecht (CDU) beschlossen, im Gartower Forst ein „Nukleares Entsorgungszentrum“ zu errichten. Am nächsten Tag fuhren 500 Demonstranten aus dem Wendland in einem spontanen Autokorso in die Landeshauptstadt Hannover. Einen Monat später dann die erste Großdemo: 20.000 versammelten sich im Wald bei Gorleben und pflanzten Bäume mit Namensschildern. Parole: „Gorleben soll leben!“

Am 14.März 1979 beginnen die ersten Bohrungen für das geplante Endlager, vom 25. bis 31. März ziehen 100.000 Demonstranten im „Großen Treck“ nach Hannover. 3. Mai 1980: das Hüttendorf „Freies Wendland“ entsteht, 4. Juni: gewaltsame Räumung. Im Herbst desselben Jahres werden Pläne bekannt, in Gorleben auch ein Zwischenlager zu errichten. Am 8. Oktober 1984, dem „Tag X“, findet der erste Atommülltransport ins Wendland statt. Er wird von zahlreichen Anschlägen begleitet. „Allerdings nach den Tag-X-Protesten werden keine Fässer mehr ins Zwischenlager transportiert“, berichtet die taz 1987. „Und das Castor-Lager konnte aus planungsrechtlichen und Sicherheitsgründen nie in Betrieb genommen werden.“

Die nächsten Jahre herrscht eine Pattsituation. Transporte mit für die Endlagerung bestimmten Castor-Behältern werden angekündigt und abgesagt, die BI droht mit Blockade. Am 6. Juni 1990 berichtet die taz von Hunderten von AtomgegnerInnen, die „beim nächtlichen Dämonen-Samba um das Endlager tanzen, während in Hannover Rot-Grün über den Ausstieg aus Gorleben verhandelt.“

1994 hat sich die Situation immer noch nicht geklärt. „Das große Warten im Wendland“, titelt die taz am 11. Juli und rückt die Betrachtung des Widerstands in historische Dimensionen: „Drei Generationen der Anti-Atomkraft-Bewegung sitzen vor dem Tor zur Atomfabrik von Gorleben.“ Im Wald ist ein neues Hüttendorf entstanden, der niedersächsische Ministerpräsident Gerhard Schröder möchte mit Bundesumweltminister Klaus Töpfer verhandeln: „Die SPD-Landesregierung möchte ein wenig mitmarschieren“, schreibt die taz.

Am 26. April 1995, inzwischen heißt der Bundesumweltminister Angela Merkel, meldet die taz: „Der Castor erreicht trotz Protesten Gorleben“. „Die Diesellok schiebt den Wagen mit dem blauverpackten Castor langsam unter den Verladekran“, berichtet der Reporter vom Ort des Geschehens. Seither sind die Castor-Transporte samt begleitenden Protesten Tradition. wie