Rechtsextreme Minderheit

In Essen marschieren knapp 300 Neonazis gegen Israel, in Stolberg feiern wenige Ewiggestrige 40 Jahre NPD

An jeder Ecke Bereitschaftspolizei, am Himmel Hubschrauber: Essens Stadtteil Frohnhausen glich am Samstag einer Kaserne. Mit massiver Präsenz versuchte die Polizei, Ausschreitungen von Rechtsextremen zu verhindern. Allein vor dem Essener Bahnhof West parkten Dutzende Mannschaftswagen – alles wegen knapp 300 Neonazis, die einem Aufruf eines so genannten „Kampfbundes deutscher Sozialisten“ folgten und unter dem Motto „Keine Waffen für Israel“ durch das von vielen Studenten und Migranten bewohnte Viertel marschierten.

Doch auch auf der Straße blieben die Anhänger der rechtssektiererischen Splittergruppe in der Minderheit: Rund 1.200 Menschen beteiligten sich an Gegendemonstrationen, organisiert vom Bürgerbündnis „Essen stellt sich quer“. Ihr eigentliches Ziel eines vollständigen Verbots konnten die Bürger aber nicht erreichen: „Wir haben alle rechtlichen Möglichkeiten geprüft. Das von einigen politischen Interessengruppen geforderte Verbot war nicht durchsetzbar“, so Polizeipräsident Herbert Schenkelberg distanziert.

Dessen Beamte gingen mit Pfefferspray und Schlagstöcken gegen linke Gegendemonstranten vor, die den Neonazi-Aufmarsch trotz Sperrgittern erreichen wollten. Insgesamt wurden sieben Menschen, darunter ein Polizist, leicht verletzt. Dennoch lobte Einsatzleiter Peter Honnef nach Demo-Ende das Bündnis gegen Rechts – und seine eigenen Mitarbeiter: Die hätten ein „besonnenes und deeskalierendes Verhalten“ gezeigt.

Ewiggestrig gaben sich auch 160 Neonazis in Stolberg bei Aachen. Ausgerechnet in der von einem aus der Türkei stammenden Pächter geführten Stadthalle durften sie das 40-jährige Bestehen der NPD feiern. Vor dem Saal demonstrierten rund 300 Menschen, 300 weitere nahmen an einer völlig überfüllten Ratssitzung zum Thema Rechtsextremismus teil. Der NPD-Kreisverband Aachen gilt als einer der stärksten im Land, im Stadtrat verfügt die nationalistische Partei über zwei Mandate. Außerdem sitzt noch ein Mitglied des „Deutschen Volksunion“ (DVU) in dem Kommunalparlament. Bis zum Verbot 1994 war die Kleinstadt im Westen auch noch Sitz der der rechtsextremistischen „Wiking-Jugend“ – für Otmar Steinbicker vom Sprecherrat des Aachener Bündnis gegen Rechts „höchste Zeit, den Neonazis entschieden entgegenzutreten.“ WYP (mit AP)