: Kraut und Tomaten
„Es muss eine Alternative zur Knoblauch-Soße geben“: „Kebab Connection“-Regisseur Anno Saul beim ultimativen Döner-Test im Schanzenviertel. Der Film hat heute Hamburg-Premiere
von Carolin Ströbele
Der neue Schanzenviertel-Culture-Clash-Film Kebab Connection handelt von Dönern, Liebe und Kung Fu. Regisseur Anno Saul hat sich mit taz-Mitarbeiterin Carolin Ströbele auf die Suche nach dem besten Döner des Viertels begeben und dabei erklärt, warum Kung-Fu-Filme eigentlich zutiefst romantisch sind.
Die wichtigsten Dinge stellt Saul gleich klar: „Ein guter Döner besteht aus mindestens 50 Prozent Gemüse.“ Und: „Es muss immer noch eine Alternative zur Knoblauchsoße geben.“ Der Mann muss es wissen – sein Film Kebab Connection ist eine Hommage an den „Türken-Burger“. Die Handlung: Der junge Türke Ibo (Denis Moschitto) bringt es mit Werbespots im Kung-Fu-Stil für die Dönerbude seines Onkels zu Ruhm und Ehre im Schanzenviertel. Er sieht sich bereits auf dem Weg nach Hollywood, als ihm seine deutsche Freundin Titzi (Nora Tschirner) eröffnet, dass sie ein Kind erwartet.
Saul sieht seinen Film in einer Reihe mit Jalla! Jalla oder Kick it like Beckham: Kebab Connection ist die erste deutsche Clash-of-Culture-Komödie“, sagt er. Erster Test-Stopp zwecks Überprüfung der hamburgischen Döner-Qualität: der Imbiss „International“ auf dem Schulterblatt. Sauls Urteil: „Für meinen Geschmack dürfte es ein bisschen mehr Tomate sein und dafür etwas weniger Krautsalat. Die Soße ist gut, aber noch steigerbar.“ In der Gesamtwertung ergibt das die Note Zwei bis Drei.
Nun kann man als Deutscher vielleicht zum Döner-Experten werden, noch dazu, wenn man wie Saul in Berlin lebt. Aber kann man als gebürtiger Bonner einen Film über die Beziehungen von Türken und Deutschen in Hamburg drehen und dabei glaubwürdig sein? Man sieht dem 41-Jährigen an, dass er sich gegen diesen Vorwurf schon zu oft verteidigen musste. „Ich behaupte als Deutscher ganz dreist: Dieses Ding trifft einen Nerv in der türkischen Gemeinde“, sagt Saul. „Die ganzen „Was-guckst-du“-Klischees kommen in unserem Film nicht vor – er ist viel authentischer.“
Bei verschiedenen Test-Screenings seien sie bei der türkischen Gruppe sogar besser angekommen als bei der deutschen, auch wenn beide Gruppen jeweils andere Stellen witzig fanden. „Während die Deutschen den Charakter des Dönerbuden-Besitzers Achmed klischeehaft und übertrieben fanden, haben fast alle Türken gesagt: So einen haben wir in der Verwandtschaft.“
Zweiter Test-Stopp: Das Lokal Pamukkale in der Susannenstraße. Sauls Bewertung: „Ein wirklich guter Döner. 60 Prozent Gemüse, viel Tomate und Rotkraut, was viel darmfreundlicher ist als Weißkraut. Das Brot ist knackig und frisch aufgebacken, das Fleisch ist auch gut.“ Ergibt in der Gesamtwertung eine Zwei Plus.
Natürlich geht es in Kebab Connection nicht nur um Döner – sondern auch um die magische Kraft von Kung Fu. Für die Faszination der Martial Arts hat Saul seine ganz persönliche und äußerst romantische Erklärung: „In der chinesischen Mythologie spielte für die Helden, die Götter und die Auserwählten die Erdanziehung gar keine Rolle. Wer liebt, wer den göttlichen Funken in sich trägt, der kann zu jemand anderem fliegen. Ich finde, das ist ein sensationell schöner Moment.“ Es gehe bei den Kung-Fu- Filmen „nicht darum, jemandem die Fresse zu polieren“, betont Saul, „sondern es ist immer ein Symbol für den Grundkampf des Lebens.“
Auch der Regisseur hat langsam zu kämpfen: mit Döner Nr. 3 – diesmal in der vegetarischen Variante im „hin und veg“ am Schulterblatt. Erster Wermutstropfen: Saul verbrennt sich die Zunge an einem Brokkoli. Dann die nüchterne Feststellung: „Mir fehlt das Fleisch. Das ist eben doch nur was für Vegetarier.“ Wir einigen uns, dass der Veggie-Döner außer Konkurrenz läuft.
Saul, der an der Münchner Filmhochschule Regie studierte, kann man nicht auf ein bestimmtes Genre festlegen. Sein Debütspielfilm Grüne Wüste wurde als sensibler Jugendfilm gelobt, und auch sein Fernsehfilm Die Novizin behandelt ein ernstes Thema. Er selbst sei „vom Kern her eher der Tragödien- Typ“, sagt er. Doch eine gute Komödie ist für Anno Saul die „Königsdisziplin“. „Man kann eine Komödie zu jedem Thema machen, sei es auch noch so ernst“, betont Saul – unter einer Bedingung: „Dass ich Respekt vor dem Leben und dem Menschen habe. Dieser grundlegend liebende Blick ist die Grundvoraussetzung für eine gute Komödie, und er ist auch das Fundament dieses Films.“
Hamburg-Premiere: heute, 20 Uhr, UCI Kinowelt, Othmarschen