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Archiv-Artikel

Hausdurchsuchung im Bundespräsidialamt

AFFÄRE Das Landeskriminalamt Hannover hat das Büro des Wulff-Vertrauten Glaeseker im Bundespräsidialamt durchsucht – erstmals in der Geschichte der Behörde gab es eine derartige Durchsuchung. In der FDP fragt sich einer, ob Wulff noch etwas mitbekommt

„Wenn Glaeseker das Zimmer nun ausräumen will, kann er das“

SPRECHERIN BUNDESPRÄSIDIALAMT

VON GORDON REPINSKI

BERLIN taz | Auf der Mailbox von Olaf Glaeseker scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Noch immer witzelt der ehemalige Sprecher Christian Wulffs, er werde auch bei hinterlassener Nachricht nicht zurückrufen. Noch immer wünscht der einst engste Mitstreiter des Bundespräsidenten ein frohes Weihnachtsfest, einen guten Rutsch ins neue Jahr.

In der Affäre Wulff-Glaeseker ist die Zeit dagegen nicht stehen geblieben. Im Gegenteil. In der mittlerweile siebten Woche der Affäre kommen noch immer fast täglich neue Details ans Licht, die Wulff oder Glaeseker belasten. Wie nun der Sprecher der Staatsanwaltschaft Hannover, Hans-Jürgen Lendeckel, der taz bestätigte, haben mehrere Beamte des Landeskriminalamts Hannover bereits am Donnerstag das Büro Glaesekers im Bundespräsidialamt durchsucht. Dabei haben die Beamten Computerdaten und Papiere Glaesekers gesichert und zur Ermittlung nach Hannover gebracht.

Gegen Glaeseker besteht der Verdacht der Bestechlichkeit im Zusammenhang mit dem Nord-Süd-Dialog. Bei der Veranstaltungsreihe der Bundesländer Niedersachsen und Baden-Württemberg zwischen 2007 und 2009 soll Glaeseker den Event-Veranstalter Manfred Schmidt bevorteilt haben. Glaeseker selbst soll mehrfach bei Schmidt kostenlos Urlaub gemacht haben. Bundespräsident Christian Wulff war zu der Zeit CDU-Ministerpräsident in Niedersachsen.

Die Durchsuchung im Bundespräsidialamt fand am Donnerstag gegen 10 Uhr morgens statt und dauerte mehrere Stunden. Es ist das erste Mal in der Geschichte der Bundesrepublik, dass Ermittlungen zur Beweisaufnahme in einem laufenden Verfahren im Amt des Staatsoberhaupts stattfinden.

Eine Sprecherin bestätigte, dass nach Bekanntwerden der Ermittlungen gegen Glaeseker vor zehn Tagen das Amt selbst die Staatsanwaltschaft in Hannover kontaktiert habe: „Das Bundespräsidialamt hatte der Staatsanwaltschaft Hannover mitgeteilt, dass Glaeseker sein Dienstzimmer nach der Entbindung von seinen Aufgaben am 22. 12. 2011 noch nicht aufgelöst hatte.“

In ersten Medienberichten war sogar von einem Hausverbot gegen Glaeseker die Rede. Tatsächlich durfte er nach Informationen der taz bis zur Durchsuchung seines Büros das Zimmer nicht betreten, wie ihm die Personalabteilung des Bundespräsidialamts mitgeteilt hat. Dies sei nun wieder möglich: „Wenn er das Zimmer nun ausräumen will, kann er das tun“, sagte eine Sprecherin.

Bundespräsident Wulff äußerte sich am Sonntag zunächst nicht zu der Affäre. Dennoch kann die neue Entwicklung für ihn unangenehm werden. „Staatsanwaltschaft und Polizei haben Anlass, Deutschlands erste Adresse zu durchsuchen, der Hausherr aber bleibt wieder einmal sprachlos“, kritisierte der FDP-Bundestagsabgeordnete Erwin Lotter im Gespräch mit der Mitteldeutschen Zeitung. „Man fragt sich, ob der prominente Mieter in Bellevue noch irgendetwas vom realen Leben draußen mitbekommt – oder sich schon im Panikraum des Schlosses verschanzt hat.“

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel bezeichnete es als „unglaublich“, dass mittlerweile Durchsuchungen im Bundespräsidialamt stattfinden. Er sagte am Samstag vor der Klausur des Bundesvorstands seiner Partei in Potsdam an die Adresse Angela Merkels gerichtet, „die SPD kann den Rücktritt von Herrn Wulff nicht durchsetzen“.