Arabische Liga stoppt Beobachtermission

SYRIEN Die diplomatischen Bemühungen der Arabischen Liga sind gescheitert. Golfstaaten setzten nun auf eine UN-Resolution. Doch Russland und China stellen sich quer. Derweil eskaliert die Gewalt im Land

„Wenn die Initiativen scheitern, rufen wir zum bewaffneten Kampf auf“

MUMIN AL-KUWAFATIYA, SYRISCHER OPPOSITIONELLER

VON KARIM EL-GAWHARY

KAIRO taz | Die regionalen Vermittlungsversuche zwischen Regime und Rebellen in Syrien sind gescheitert. Die Arabische Liga hat am Wochenende ihre Beobachtermission bis auf weiteres suspendiert. Nun wird sich der UN-Sicherheitsrat mit dem Konflikt befassen, der von beiden Seiten zunehmend brutaler geführt wird. Allein in der letzten Woche wurden bei Auseinandersetzungen zwischen dem Sicherheitsapparat und Regimegegnern nach konservativen Schätzungen mindestens 200 Menschen getötet.

In der letzten Woche hatte die Arabische Liga Syriens Präsident Baschar al-Assad aufgefordert, die Macht an seinen Stellvertreter abzugeben, um eine Regierung der Nationalen Einheit zu bilden. Jedoch hatten sowohl das Regime als auch die Opposition den Plan abgelehnt. Daraufhin hatten die Golfstaaten unter Führung Saudi-Arabiens ihre Beobachter zurückgezogen.

In Reaktion darauf und angesichts der zunehmenden Gewalt in Syrien gab der Chef der Liga, Nabil al-Arabi, am Samstag den vorläufigen Stopp der kompletten Mission bekannt. Rund hundert Beobachter sollen aber zunächst im Land bleiben. Al-Arabi ist inzwischen nach New York aufgebrochen, wo am Dienstag im UN-Sicherheitsrat eine Syrien-Resolution diskutiert wird. Doch vor allem Russland, aber auch China verweigern bisher ihre Unterstützung für eine solche Resolution.

Der russische Außenminister Sergei Lawrow forderte jetzt mehr arabische Beobachter in Syrien. „Wir wollen wissen, warum so ein nützliches Instrument einfach so weggeworfen wird“, kommentierte er die Suspensions-Entscheidung der Arabischen Liga. Er halte nichts von der westlichen Auffassung, dass man keinen Dialog mit Assad beginnen könne, sagte er.

Damit steckt jeder weitere diplomatische Versuch zunächst in der Sackgasse. Die Arabische Liga will, vor allem angetrieben von den Golfstaaten, den Fall Syrien internationalisieren, aber weder im Sicherheitsrat noch in der Arabischen Liga herrscht Konsens über das weitere Vorgehen.

Unterdessen versucht das Regime in Damaskus, selbst eine Entscheidung zu erzwingen. Es agiert immer brutaler. Seit im März 2011 der Aufstand begann, sind laut UN-Schätzungen insgesamt mindestens 5.600 Menschen ums Leben gekommen.

Vor allem die arabischen Medien am Golf haben unterdessen zum Großangriff gegen Russland geblasen. Der Sturz des Regimes Assad würde den Russen ihren Einfluss in der Region und einen wichtigen Waffenmarkt kosten, analysiert die saudische Zeitung Al-Madina. „Das syrische Blut ist die Währung, mit der Russland handelt und Profite macht“, schreibt die saudische Zeitung Sharq al-Awsat.

Auch vor der russischen Botschaft in Kairo waren am Sonntagnachmittag mehrere hundert Demonstranten aufgezogen. Sie sangen syrische Revolutionslieder. „Wir wollen den Russen klarmachen, dass sie mit ihrem Verhalten ein Teil des Regimes Assad sind“, erklärte der syrische Oppositionelle Mumin al-Kuwafatiya. „Wenn die internationalen Initiativen scheitern, werden wir zum bewaffneten Kampf aufrufen, und dann wird es viele Opfer geben“, warnt er.

„Russische Waffen töten uns“, sagte auch der syrische Oppositionelle Zuhair Naoura verärgert. „Das syrische Volk hat der Arabischen Liga eine Chance gegeben, etwas zu unternehmen. Die Liga gab dem syrischen Regime die Chance, das Blutbad zu stoppen. Beide Chancen sind vertan“, sagte Naoura. Auch von der internationalen Gemeinschaft erwartet er sich nicht viel. „Am Ende“, sagte er, „müssen die Syrer ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen“.