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Archiv-Artikel

Bleibegrund Genitalverstümmelung

Verwaltungsgerichtshof entscheidet: Keine Abschiebung in Heimatländer bei drohender Beschneidung. Revision gegen Urteil nicht zugelassen

KASSEL ap ■ Ausländische Frauen und Mädchen dürfen nicht in ihre Heimatländer abgeschoben werden, wenn ihnen dort eine Genitalverstümmelung droht. Das entschied der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel in einem gestern veröffentlichten Urteil. Im konkreten Fall hatten zwei 17 und 8 Jahre alte Schwestern aus Sierra Leone gegen ihre Abschiebung geklagt.

Sie waren 1998 zusammen mit ihren Eltern und ihrer älteren Schwester nach Deutschland eingereist. Nachdem das Verwaltungsgericht einen Asylanspruch und einen Anspruch der Klägerinnen auf Abschiebungsschutz nicht anerkannt hatte, zogen die beiden vor den Hessischen Verwaltungsgerichtshof. Die Richter entschieden, bei den Klägerinnen lägen die Voraussetzungen für einen Abschiebungsschutz vor. Beiden Frauen drohe bei einer Rückkehr in ihr Heimatland eine zwangsweise Beschneidung, die mit großen Qualen und schwerwiegenden körperlichen und seelischen Folgen verbunden sei. Diese Praxis sei in vielen anderen afrikanischen Staaten extrem weit verbreitet, heißt es in der Urteilsbegründung. In Sierra Leone seien 80 bis 90 Prozent aller jungen Frauen und Mädchen betroffen.

Wie das Gericht in seinem Urteil weiter ausführte, handelt es sich bei der zwangsweisen Beschneidung zwar nicht um eine staatliche Verfolgung, die ein Asyl rechtfertigen würde. Allerdings schütze das Aufenthaltsgesetz unter bestimmten Voraussetzungen auch vor einer Bedrohung von Leben und Freiheit durch nichtstaatliche, private Akteure. Die Revision gegen das Urteil wurde nicht zugelassen. Dagegen können das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge oder der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig Beschwerde einlegen.