: Immer mit der Ruhe
Wer nichts hört, kann nicht lernen: Lärmforscher fordern bessere Akustik in den Klassenzimmern für gute Schule
Pst! Am gestrigen Mittwoch war also der internationale „Tag gegen Lärm“. Da gab es auch symbolische Ruhepausen, und so ein Gedenktag ist natürlich eine prima Gelegenheit, sich endlich mal Gehör zu verschaffen. Was denn auch Lärmforscher an der Universität Bremen genutzt haben. Passend zum Tag forderten sie etwas, das die Pisa-geschädigte Nation doch aufhorchen lassen muss: eine bessere Raumakustik in Schulklassen nämlich.
Denn dadurch könnten die Leistungen und die Qualität des Unterrichts deutlich steigen, sagte Gerhart Tiesler vom Fachbereich Human- und Gesundheitswissenschaften. Der Geräuschpegel lasse sich durch Schall isolierende Decken, aber auch durch pädagogische Maßnahmen senken.
„Vier von fünf Lehrern fühlen sich durch Schülerlärm belastet“, berichtete Tiesler von einer Untersuchung des Instituts für interdisziplinäre Schulforschung an der Universität Bremen. Befragt wurden mehr als 1.000 Lehrer an Schulen in Bremen und einer Schule in Münster. Darüber hinaus haben die Wissenschaftler eine Woche lang den Schallpegel und den Unterrichtsverlauf an jeweils 30 Klassen protokolliert.
Verblüffendes Untersuchungsergebnis: „Der Unterricht beginnt und endet meistens laut“, zog Tiesler Bilanz. Der für geistige Arbeit empfohlene Schalldruckpegel von weniger als 55 Dezibel werde meist nur in stillen Phasen erreicht. In anderen Zeiträumen kam es zu Pegeln um die 75 Dezibel. Was so laut ist wie ein fahrendes Auto. „Durch den Stressfaktor Lärm leiden Kommunikation, Konzentration und letztlich die Lernerfolge.“ Eine bessere Raumakustik soll dagegen in zweifacher Hinsicht zu besseren Schalldruckpegeln führen: Zum einen werde der Lärm geschluckt, zum anderen seien Schüler leiser. Weil Lärm erzeugt neuen Lärm: „Eine schlechte Akustik verschlechtert auch die Sprachverständlichkeit und führt zu größerer Unruhe. Diese muss wiederum durch lautes Reden überwunden werden.“
In den vergangenen Jahren habe die Akustik durch die zunehmende Verwendung von Glas und Beton stark gelitten, kritisierte Tiesler. „Dabei wären Schall isolierende Maßnahmen bei Neubauten fast zum Nulltarif zu bekommen.“ Nachträglicher Einbau sei mit rund 2.700 Euro pro Klassenzimmer wesentlich teurer, mache sich aber bezahlt. So habe ihm eine Lehrerin nach dem Einbau von Lärmschutzdecken als Eindruck geschildert: „Ich habe das Gefühl, vor einer neuen Klasse zu stehen!“ dpa