: Berlin gibt Alte auf
Weil die Regierung keine Jobs anbieten kann, dürfen ältere Arbeitslose weiter auf Vermittlung verzichten
BERLIN taz ■ Die Bundesregierung rechnet offensichtlich nicht damit, dass Hartz IV die Situation der älteren Arbeitslosen demnächst verbessern könnte. Gestern beschloss das Kabinett, eine Reihe von befristeten Sondermaßnahmen zu verlängern.
So soll die „58er-Regelung“ jetzt bis Ende 2007 gelten. Arbeitslose können ab dem Alter von 58 Jahren darauf verzichten, vermittelt zu werden, und dennoch weiterhin ihre Geldleistungen beziehen. Der Charme für die Regierung: Diese Arbeitslosen tauchen nicht in der Statistik auf. Hunderttausende nutzen diese Möglichkeit.
Bis Ende 2007 soll nun auch die faktische Abschaffung des Kündigungsschutzes für neu eingestellte Arbeitnehmer ab 52 Jahren gelten. Bei ihnen darf ein Arbeitsvertrag auch dann befristet sein, wenn „kein sachlicher Grund“ vorliegt.
Darüber hinaus plant die Regierung 50.000 spezielle Zusatzjobs für ältere Arbeitslose. Anders als die normalen 1-Euro-Jobs könnten sie bis zu drei Jahren laufen, um einen „aktiven“ Übergang in die Rente zu ermöglichen. An eine Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt ist nicht mehr gedacht.
Diese Sonderjobs für Ältere sollen im ersten Jahr aus Mitteln der Bundesagentur für Arbeit finanziert werden – also aus Umschichtungen zu Lasten anderer Fördergruppen. Ab dem zweiten Jahr sollen dann die Länder einen Teil der Kosten übernehmen, doch ein erstes Gespräch zwischen Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) und den Ländern blieb am Dienstag ergebnislos. Die Regierung hofft nun, dass sich die Union nach der Wahl im Nordrhein-Westfalen am 22. Mai gesprächsbereiter zeigen könnte.
Die Bundesagentur für Arbeit erwartet keinen Jobboom durch die Regierungspläne. Schon bisher fehlte es nicht an Geld, um die 1-Euro-Jobs zu finanzieren. Es fehlte an geeigneten Arbeitsstellen. Schließlich sollen die Arbeitslosen keine regulären Beschäftigten verdrängen. Ganze 50.000 Zusatzjobs sind seit Januar entstanden. Clement hatte einst bis zu 600.000 angepeilt.
Angesichts der Wirkungslosigkeit ihrer Instrumente setzt die Regierung daher zudem auf eine „Offensivkampagne“, um die Wirtschaft davon zu überzeugen, doch endlich ältere Arbeitslose einzustellen. UH
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