Braucht die politische Klasse mehr Adel?
Ja

Personal Baron zu Guttenberg ist Deutschlands beliebtester Politiker – auch aufgrund seiner Herkunft?

Maja Prinzessin von Hohenzollern, 37, lebt als TV-Moderatorin und Designerin in Marbella

Zu Guttenbergs Erfolg basiert auf seiner hervorragenden Bildung, seinem stilvollen Habitus sowie seinem kompetenten Handeln. Es gibt derzeit wohl keinen Politiker in Deutschland, der über ein so vollkommenes „Komplettpaket“ verfügt wie er. Zu Guttenberg ist endlich mal ein Politiker unter 70! Er hat Charme, ist seinem Amt entsprechend würdig gekleidet, verfügt über geschliffene Manieren und Trittfestigkeit auf jedem Parkett. Rhetorisch präzise und eloquent kommuniziert er seine Inhalte und imponiert auch als Privatmann mit perfektem Klavierspiel, einer intelligenten Frau und als Vater. Mutig und nachhaltig stellt er sich der Aufgabe Opel. Der verantwortungsvolle Umgang mit Geldern der Bürger in dieser Sache trägt ihm ebenso große Sympathien ein wie sein Bekenntnis zu Ehre, Tradition und Bildung. Er bildet damit einen Kontrast zu grauhaarigen, unmotivierten, Hochwasserhosen und Mickimaus-Schlips tragenden Berufspolitikern, denen der Begriff „Ehrlichkeit“ genauso fremd wie „Bildung“ zu sein scheint. Zu Guttenberg hat als einer der wenigen das Potenzial, die Politikverdrossenheit von Jugendlichen zu ändern sowie die stetig sinkende Wahlbeteiligung zu stoppen. Ich sehe ihn in vier Jahren als Kanzlerkandidaten. Man sollte sich an diesem Mann ein Beispiel nehmen, statt ihn nur neidisch zu attackieren. Adlig im Herzen zu sein ist keine Frage der Herkunft.

Beate Wedekind, 58, Autorin und Fernsehproduzentin, blogt auf beatewedekind50plus.blog.de

Ja, die deutsche Politik braucht Menschen vom Schlag eines zu Guttenberg. Menschen mit Kinderstube (ob sie adelig sind oder nicht), in der Werte wie politisches Denken, wie soziale Verantwortung, wie konsequente Haltung, wie Erziehung zur Menschlichkeit, wie Bescheidenheit im Umgang mit Privilegien vermittelt werden. Karl Theodor zu Guttenberg hat alle Chancen bekommen, die man sich nur erträumen kann. Er hat sie alle genutzt, klug, fleißig und zielstrebig, ohne ein Streber zu sein. Ich habe ihn kennengelernt, da war er ein Teenager, ich interviewte Enoch zu Guttenberg, seinen Vater, den Dirigenten und Umweltschützer, und der höfliche Junge machte bei der Begrüßung einen Diener. Wichtiger, er beteiligte sich eloquent an dem Gespräch, sprach druckreif, schon damals. Später habe ich Bundestagswahlkampf für ihn gemacht, 2001. Da stand er in Bierzelten und sprach Tacheles auf Fränkisch. Er kann Inhalte an den Mann bringen und Nähe herstellen. Er verfügt über ein enormes Identifikationspotenzial, vielleicht gerade weil er ein von und zu ist. Dass er in kurzer Zeitzu einem solchen Politstar hochkatapultiert worden ist, wäre für andere eine gefährliche Falle. Karl Theodor zu Guttenberg jedoch ist intelligent genug, um Schritt halten zu können.

Andreas Greiner, 18, Abiturient aus Saabrücken. Er hat seinen Beitrag auf taz.de gestellt

Der Adel übt eine seltsame Faszination auf die Menschen aus: Lady Di, Soraya, und auch zu Guttenberg. Sie sind das Opium, nach dem das Volk verlangt. Es braucht ihre schillernde Scheinwelt, die Geborgenheit vermittelt. Dennoch dürfen Ämter nicht bloß nach Namen besetzt werden. Müssen sie allerdings auch nicht, denn der Adelstitel steht nur symbolisch für ein Familienunternehmen, das seine Amigos in allen wichtigen Behörden gefunden hat. Hinzu kommt die Ausbildung an Lehranstalten, die nur Blaublüter in ihre erlesenen Kreise aufnehmen und jedem Abgänger eine große Karriere garantieren. Leider scheinen wir „Normalos“ unsere Untertanenrolle längst zu akzeptieren, denn seit 1848 wurde wenig unternommen, die eitlen Eliten zu entmachten. Vielleicht auch in unserem eigenen Interesse.

Nein

Jutta Ditfurth, 57, aktiv bei der Ökologischen Linken, hat das „von“ aus ihrem Namen gestrichen

Die Frage unterstellt, dass Adlige Wesensmerkmale besitzen, die sie von anderen Menschen unterscheiden. Schon plumpst man in die Falle adliger Selbstmystifikation als einer distinkten Kaste, einer „Elite“. Der Blickwinkel ist kleinbürgerlich und passt zu den entsolidarisierten, sich ihrer selbst nicht mehr bewussten Arbeitern, die bei Schaeffler ihren Kapitaleignern schluchzend um den Hals fallen, anstatt sie zum Teufel zu jagen. Das Bürgertum klaubt aus der „adligen Kultur“ Vordemokratisches, um selbst „Elite“ zu sein. Der Untertan modernisiert sich und bleibt doch – Untertan. Die Obrigkeit soll bessere Manieren haben. Stauffenberg wird gerühmt, damit die Bundeswehr Krieg führen kann. Der Adel hat gelernt, sich jeder Herrschaft anzupassen – zum Nachteil von Juden, Bauern, Afrikanern, Sozialisten. Sollen noch mehr dieser „Wesensmerkmale“ in die „politische Klasse“ zurück?

Bodo Ramelow, 53, Spitzenkandidat der Linken für die Landtagswahlen in Thüringen

Offenkundig ist das Ansehen der politisch Herrschenden so tief gesunken, dass sich Menschen nach einer Zeit zurücksehnen, in der Titel und Besitz durch Geburt und nicht durch Leistung erworben wurden. Die Umfragewerte des Darstellers der Wirtschaftspolitik sind unglaublich hoch. Dabei übersehen viele, dass zu Guttenberg der Prototyp eines allzeit gut gegelten Politikers ist, der sich vor allem durch unterlassene Hilfeleistung wie bei Opel auszeichnet. Eine nichtssagende Antwort wird elegant vorgetragen und kaum einer merkt, dass der Inhalt grundfalsch ist. Mit gleicher Geste werden Hungerlöhne von 3,18 Euro für Friseure wie in Thüringen für normal befunden. Mit Mantel-und-Degen-Romantik, Schmiss im Gesicht und Erbprivilegien wird Deutschland nicht sozial gerechter. Wir brauchen nicht mehr Adel in der Politik, sondern Politiker, die eine neue soziale Idee adelt.

Heiko Nowak Graf von Roit, 38, Geschäftsführer des Deutschen Adelsverbandes

Die Standesprivilegien des Adels sind seit 1918 in Deutschland abgeschafft, Adelstitel sind heute reine Familiennamen. Herr Freiherr von und zu Guttenberg hat sich ausschließlich durch seine kompetente Entscheidungsstärke als Bundeswirtschaftsminister profiliert. Und genau diese Tatsache bekräftigt das positive Image seines Namens, nicht umgekehrt. Besonders in dieser schwierigen, vom Umbruch geprägten Wirtschaftslage wäre die Berufung auf geschichtliche Errungenschaften des historischen Adelsstandes wenig konstruktiv und antiquiert. Spricht Horst Seehofer davon, dass mehr Politiker vom „Typ Guttenberg“ politische Positionen bekleiden sollten, so will er sicherlich kein neues Kaiserreich ausrufen, sondern unterstreicht ausschließlich die Führungsstärke des symphatisch, weltgewandt auftretenden Herrn von und zu Guttenberg.

Vera Gräfin von Lehndorff, Künstlerin und Deutschlands erstes internationales Topmodel

Adel ist keine Garantie für Intelligenz, politische Erfahrung oder umsichtige Führungskraft, wie uns die Geschichte durch zahlreiche Kriege gezeigt hat. Einzig entscheidend in der Politik sind Klugheit, Entscheidungsfähigkeit und Glaubwürdigkeit, was nicht unbedingt Ehrlichkeit oder Menschlichkeit bedeutet. Ein großer Politiker kann in allen Gesellschaftsschichten entstehen. Hüten wir uns vor der Mode in der Politik und der Sehnsucht nach kaiserlicher Zeit.