Die Oppositionstaz

■ Rein zahlenmäßig ist das Leben für die Opposition seit der vergangenen Abgeordnetenhauswahl schwieriger geworden. Die rot-rote Regierungskoalition früherer Tage regierte nur mit drei Stimmen Vorsprung – da gab es für die Opposition zumindest die theoretische Möglichkeit, eine Abstimmung zu gewinnen. In der neuen rot-schwarzen Konstellation aber haben SPD und CDU 86 der 149 Sitze im Abgeordnetenhaus und damit 23 (!) mehr als die drei Oppositionsfraktionen Grüne, Linkspartei und Piraten zusammen. Die Grünen sind mit 29 Sitzen zwar so stark wie noch nie im Berliner Landesparlament, mussten aber nach ihrem zwischenzeitlichen Höhenflug auf 30 Prozent in Umfragen von jenen 17,6 Prozent enttäuscht sein, die sie bei der Wahl erhielten. Die Linkspartei bekam für ihre 11,7 Prozent nur noch 19 statt zuvor 23 Sitze. Nur vier Sitze weniger haben die Piraten, die erstmals zur Abgeordnetenhauswahl antraten und aus dem Stand auf 8,9 Prozent kamen.

Am 18. September 2011 wurde in Berlin ein neues Parlament gewählt, am 27. Oktober fand die konstituierende Sitzung statt. Seitdem sind 105 Tage vergangen – höchste Zeit, eine Bilanz derer zu ziehen, die das Rote Rathaus nur von außen betrachten. Setzt die Opposition Rot-Schwarz unter Druck? Wer wird Meinungsführer? Gibt es ein Oppositionsbündnis?

Die Bilanz fällt, trotz der Faust im Logo, nicht euphorisch aus. Svenja Bergt meint, dass es bislang an gemeinsamen Initiativen fehle. Auf Seite 22 nehmen Stefan Alberti, Svenja Bergt und Uwe Rada Grüne, Piraten und Linke unter die Lupe – und beobachten Parteien, die sich erst noch finden müssen. Parteienforscher Niedermayer schließlich findet auf Seite 23: „Mit dieser Opposition hat Rot-Schwarz nicht viel zu befürchten.“

Es gibt aber nicht nur eine parlamentarische Opposition, sondern auch die Straße. Und die hat ohnehin schon im Wahlkampf die Themen gesetzt, meint Konrad Litschko. Geballte Fäuste gibt es auf der Straße genug. (taz)